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Georg Lendt (1873 - 1942)

Inhaber eines Kaufhauses in Göppingen

Georg Lendt wurde am 22. Dezember 1873 in Bruß (heute polnisch: Brusy, Woiwodschaft Pommern) geboren. In dem Ort bestand eine israelitische Gemeinde. Der Vater stammte aus Müncheberg in Brandenburg und war vermutlich als jüdischer Gemeindekantor tätig.

1903 ehelichte Georg Lendt die Jüdin Mathilde Dahlberg im württembergischen Göppingen. Aus der Verbindung gingen zwei Töchter hervor. Mit der Eheschließung stieg Lendt in die Geschäftsführung des Göppinger Warenhauses „Geschwister Dahlberg“ ein. Bald konnte das Geschäft erweitert und ein größeres Gebäude in der Innenstadt bezogen werden. Das „Kaufhaus Lendt“, wie es nun hieß, bot ein breites Sortiment an Bedarfsartikeln von Textilien über Haushaltsgegenständen bis hin zu Eisenwaren. Die niedrigen Preise zogen zahlreiche Kundschaft aus der Stadt und dem Umland an.

Nach Beginn der NS-Herrschaft gingen die Erträge zurück. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die Schaufenster des Kaufhauses zertrümmert und Auslagen zerstört. Im Zuge der anschließenden Gestapo-Verhaftungsaktion kam Georg Lendt ins Göppinger Gerichtsgefängnis, wurde jedoch am folgenden Tag nicht wie seine Schicksalsgenossen ins KZ Dachau verschleppt, sondern entlassen. Offenbar sollte die anstehende „Arisierung“ des Kaufhauses nicht verzögert werden. Einen kaufwilligen Geschäftsmann aus dem benachbarten Faurndau hatte Lendt bereits an der Hand, was darauf hinweist, dass er bereits vor dem Novemberpogrom wegen des Rückgangs der Geschäfte, aber auch wegen seines fortgeschrittenen Alters, die Firma zu verkaufen beabsichtigt hatte. Doch erwiesen sich die getroffenen Abmachungen als hinfällig, als der Göppinger Oberbürgermeister intervenierte, um einen seiner Freunde bei diesem lukrativen Geschäft zum Zuge kommen zu lassen. Lendt musste daher Ende November 1938 das Kaufhaus mit allen Vermögenswerten an den OB-Protegé und dessen Kompagnon abtreten.

Nach der Auswanderung der beiden Töchter und dem Tod seiner Ehefrau 1940 war Lendt auf sich allein gestellt. Auch die frühere Haushälterin durfte für ihren ehemaligen Arbeitgeber nicht mehr tätig sein, weil er Jude war. Dennoch hielt sie den Kontakt aufrecht, was schließlich eine Denunziation von unbekannter Seite nach sich zog. Die im Juni 1942 eingeleitete Gestapo-Untersuchung ergab, dass die Frau dem Witwer ein Dutzend Eier hatte zukommen lassen. Da diese ungestempelt waren, war offensichtlich, dass sie nicht über den offiziellen, reglementierten Handel erworben sein konnten (wenig später wurden Eier für Juden ohnehin ganz verboten). Polizeiliche Vernehmung und Angst vor drohenden Konsequenzen trieben die Frau in den Suizid. Lendt wurde wegen des illegalen Bezugs von Lebensmitteln am 13. Juni 1942 festgenommen und blieb bis Monatsende als Gestapohäftling im Gerichtsgefängnis Göppingen.

Am 22. August 1942 wurde Lendt von der Gestapo erneut verhaftet und in das KZ Mauthausen eingewiesen. Just am selben Tage ging ein Deportationszug mit über 1000 überwiegend älteren und gesundheitlich beeinträchtigten Personen aus Württemberg nach Theresienstadt, für den Lendt ohne seine spezielle Kriminalisierung gewiss ebenfalls vorgesehen gewesen wäre. Er wurde offenbar Opfer einer individuellen “Sonderbehandlung“. Am 24. August 1942 wurde er sofort nach seiner Ankunft in Mauthausen „auf der Flucht erschossen“.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt die Marktstraße 8 in Göppingen, wo am 1. Mai 2014 ein Stolperstein für Georg Lendt verlegt wurde.


Quellen

Staatsarchiv Ludwigsburg
EL 350 I Bü 26967, Bü 2590; EL 903/2 Bü 2; FL 10/4 Bü 5

www.stolpersteine-gp.de.


© Recherche und Text:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: Januar 2015
www.kz-mauthausen-bw.de