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Fritz Deuchler (1897 - 1943)

"unverbesserlich homosexuell"

18.02.1942 Anordnung der Sicherungsverwahrung
07.12.1942 KZ Mauthausen
15.12.1942 KZ Gusen
06.04.1943 Tod im KZ Gusen

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Deuchler
Fritz Deuchler. StAFR F 175/1 Nr. 56

Fritz Deuchler wurde am 18. Dezember 1897 in Gernsbach im heutigen Landkreis Rastatt geboren. Er war ledig und wohnte dort in der Badenerstraße 5. Als gelernter Mechaniker betrieb er eine Fahrradwerkstatt in Gernsbach. In mehreren Verfahren wegen "widernatürlicher Unzucht" wurde ihm vorgeworfen, über die Werkstatt viele minderjährige Jungen kennengelernt und sie durch kostenlose Reparaturen und kleine Geldbeträge dazu gebracht zu haben, Geschlechtsverkehr mit ihm auszuüben.

Seit dem 16. Juni 1941 befand er sich erneut in Untersuchungshaft. Am 18. Februar 1942 verurteilte ihn die Strafkammer I des Landgerichts Karlsruhe als "gefährlichen Gewohnheitsverbrecher" wegen "Unzucht zwischen Männern" in drei Fällen nach § 175 Strafgesetzbuch und wegen "Verführung zur Unzucht" in vier Fällen nach § 175a zu 4 Jahren 6 Monaten Zuchthaus abzüglich 6 Monaten U-Haft. Außerdem wurde die anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet.
In der Urteilsbegründung hieß es, Deuchler würde seinen "gleichgeschlechtlichen Trieb" nicht zu beherrschen vermögen, "sondern wie seine umfangreichen und schweren, früheren und jetzigen Verfehlungen mit aller Deutlichkeit zeigen, hemmungslos befriedigen." Nach Auffassung des Sachverständigen würde er auch in Zukunft nicht davon ablassen und sei deshalb für die männliche Jugend, der er schon bisher großen Schaden zugefügt hätte, "äußerst gefährlich".
"Neben der Strafe war gem. § 42 e StGB im Interesse der öffentlichen Sicherheit die Sicherungverwahrung des Angeklagten anzuordnen, da nach der Überzeugung des Gerichts der Angeklagte, der sich bisher weder durch die langjährige Freiheitsstrafe noch durch die Gefahr der Entmannung von der Fortsetzung seines schamlosen und sittenverderbenden Treibens abhalten ließ, auch nach Verbüßung der jetzigen Zuchthausstrafe mit Sicherheit erneut und in gleicher Weise wieder rückfällig würde. Mangels sonstiger geeigneter Maßnahmen konnte deshalb die männliche Jugend vor dem unverbesserlichen, homosexuellen Angeklagten Deuchler nur durch dessen Sicherungsverwahrung ausreichend geschützt werden."

Am 24. März 1942 wurde Fritz Deuchler aus einer badischen Haftanstalt in das Strafgefangenenlager V Neusustrum (Lathen/Ems), eines der berüchtigten Ems-Moorlager, die auch als Strafgefangenenlager der Reichsjustizverwaltung dienten, verlegt.

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Deuchler, Fritz, Überstellung KLM
Strafgefangenenlager V Neusustrum/Ems am 7.12.1942. Vermerk über Verlegung Deuchlers ins KZ Mauthausen. StAFR F 175/1 Nr. 56

Im September 1942 vereinbarte Reichsjustizminister Otto Georg Thierack mit dem Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler die schubweise Auslieferung aller Sicherungsverwahrten, die bisher der Justiz unterstanden und in den Sicherungsanstalten einsaßen, an die Polizei (nur Gestapo oder Kripo konnten, über Antrag beim Reichsicherheitshauptamt, KZ-Einweisungen vornehmen). In den KZ sollten sie - wie es explizit hieß - der „Vernichtung durch Arbeit“ preisgegeben werden. Obwohl Fritz Deuchlers Haftstrafe noch gar nicht verbüßt war und er sich noch nicht im Maßregelvollzug befand, er somit eigentlich noch nicht zur Gruppe der Betroffenen der Vereinbarung zählte, wurde er am 7. Dezember 1942 zusammen mit anderen Sicherungsverwahrten in das Konzentrationslager Mauthausen deportiert. Dort wurde er als "SV" (Sicherungsverwahrter) registriert und erhielt die Häftlingsnummer 17668.

Bereits eine Woche später, am 15. Dezember 1942 wurde er in das nahegelegene, zum Lagerkomplex Mauthausen gehörende KZ Gusen überstellt, wo die Häftlinge beim  Stollenbau für die Errichtung eines unterirdischen Flugzeugwerks für die Großserienproduktion von Düsenjagdflugzeugen des Typs Messerschmitt Me 262 der seriellen "Vernichtung durch Arbeit" preisgegeben waren. Dort starb Fritz Deuchler am 6. April 1943 im Alter von 45 Jahren. Im Totenbuch, in dem in aller Regel fiktive Todesursachen eingetragen wurden, wird allgemeine Sepsis als Todesursache angeführt.

Der verwitweten Mutter wurde der Tod des Sohnes vom Lager mitgeteilt. Daraufhin beantragte sie die Überführung der Urne und erhielt sie auch.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Fritz Deuchlers letzte Wohnadresse, Badenerstraße 5 in Gernsbach.


Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
0.1 / 18314943
0.1 / 18314945
0.1 / 18314946
0.1 / 18314947

Staatsarchiv Freiburg
F 175/1 Nr. 56

Generallandesarchiv Karlsruhe
520 Zugang 1981-51 Nr. 20612

Memorial Mauthausen
(https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org/)

 

© Text und Recherche:
Sigrid Brüggemann, Stuttgart
Stand: Juni 2024
www.kz-mauthausen-bw.de