Projektmitwirkende
Wir drei, Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann und Roland Maier, leben in Stuttgart und Tübingen und widmen uns seit vielen Jahren der regionalen Geschichtsforschung mit dem Themenschwerpunkt der Zeit des Nationalsozialismus. Einen großen Teil unserer Arbeit leisten wir im organisatorischen Rahmen des Mauthausen Komitee Stuttgart e.V. und mit Bezug auf das Konzentrationslager Mauthausen. Das KZ Mauthausen (nahe Linz/Österreich) mit seinen Außenlagern rückte für uns zu Beginn der 1990er Jahre durch persönlichen Kontakt zu dem Stuttgarter Mauthausen-Überlebenden Otto Wahl (1910-1997) in den Fokus.
In der Folge führte und führt das Mauthausen Komitee Stuttgart regelmäßig Fahrten zu den jährlichen Befreiungsfeiern in Mauthausen mit Schülerinnen und Schülern und anderen Interessierten durch. Otto Wahl war langjähriger Vertreter Westdeutschlands im Comité International de Mauthausen (CIM), einem internationalen Zusammenschluss ehemaliger KZ-Häftlinge. Ingrid Bauz führt diese Arbeit seit 1997 fort. Dadurch verfügen wir über gute Kontakte zum CIM und zur KZ-Gedenkstätte Mauthausen.
Die persönlichen Beziehungen zu vielen Überlebenden des KZ Mauthausen und zu dem Ort entstandene Bezüge gaben den Anstoß zu dem Forschungsprojekt, das wir im Winter 2013 initiierten und dessen erste Ergebnisse wir hier nun der Öffentlichkeit vorstellen. Wir wollten wissen, wie viele und welche Personen aus unserer Region, dem heutigen Bundesland Baden-Württemberg, ins KZ-Lagersystem Mauthausen deportiert worden sind und unsere diesbezüglichen Wissenslücken schließen.
Wie die meisten anderen in diesem Forschungsfeld Tätigen und Engagierten kannten auch wir bis dahin zwar etliche Namen, aber fast ausschließlich von politisch Verfolgten, Jüdinnen und Juden, Homosexuellen, Zeugen Jehovas und Sinti und Roma. Die sogenannten „Kriminellen“ und als „asozial“ Verfolgten blieben auch für uns bis dahin so gut wie ganz ausgeblendet. Selbstkritisch mussten wir uns eingestehen, viel zu lange nicht genauer hingeschaut zu haben. Die Veröffentlichung unserer Forschungsergebnisse geschieht auch in der Absicht und Hoffnung, damit eine lange überfällige gesellschaftliche Debatte mit voran zu bringen. Denn niemand ist "zu Recht" in ein KZ deportiert worden.
Das Projekt hat sich als weit umfangreicher und komplexer herausgestellt, als dies ursprünglich von uns angedacht war. Es hat sich dadurch – auch aufgrund unserer personell und finanziell begrenzten Ressourcen – zwangsläufig zeitlich in die Länge gezogen. Wir können nun aber nach 10-jähriger Forschungsarbeit eine Pionierarbeit präsentieren, die, wie wir hoffen, den bisher weitgehend ignorierten Opfergruppen wie "Kriminelle" und "Asoziale" durch die Darstellung und Würdigung ihrer Verfolgung ein bisschen Gerechtigkeit widerfahren lässt. Die aber auch – exemplarisch anhand der Deportationen in den Lagerkomplex Mauthausen – einen Baustein zur Schließung der Wissenslücke hinsichtlich Anzahl und Schicksal der in die KZ Verschleppten aus Württemberg, Baden und Hohenzollern beiträgt.
Unsere bisherigen gemeinsamen Projekte
Broschüre „Sie brauchen nicht mehr zu kommen!" Die Verdrängung der jüdischen Künstlerinnen und Künstler aus dem Stuttgarter Theater- und Musikleben durch die Nationalsozialisten, Stuttgart 2008.
Sammelband: Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern. Stuttgart 2013.
Stadtführungen in Stuttgart zu den Themen: Kommunistischer Widerstand; Widerstand des 20. Juli; Verdrängung der jüdischen Künstler*innen.
Fachliche Beratung der „Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.“ bei der Konzeption der Dauerausstellung im Stuttgarter „Hotel Silber“ (ehem. Gestapozentrale).
Ingrid Bauz
ist Mitglied des Vorstands des Mauthausen Komitee Stuttgart e.V. und Generalsekretärin des Comité International de Mauthausen. Sie führt Seminare für junge Erwachsene und Führungen durch die KZ-Gedenkstätte Mauthausen durch. Mehrere Veröffentlichungen über Widerstand und Verfolgung während der Zeit des Nationalsozialismus mit den Schwerpunkten KZ Mauthausen und der Region Stuttgart:
Frauen im KZ Mauthausen – ein Überblick. Wien 2006.
„Der Tod war immer unter uns und mähte unser Leben wie der Bauer das Gras“. Strafen, Krankheit und Tod im Leonberger Konzentrationslager. Leonberg 2001.
Beiträge im Gedenkbuch für die Toten des KZ Mauthausen. Wien 2016.
Sigrid Brüggemann
ist freiberufliche Historikerin in Stuttgart. Sie begleitet seit vielen Jahren historische Stadterkundungen für Schüler*innen und Erwachsene beim Stadtjugendring Stuttgart. Forschungsschwerpunkt ist die Zeit des Nationalsozialismus in Württemberg. Veröffentlichungen u.a.:
Auf den Spuren jüdischen Lebens - Sieben Streifzüge durch Stuttgart. Stuttgart 2019 (zusammen mit Roland Maier)
Beiträge in: Hermann Abmayr (Hg.): Stuttgarter NS-Täter. Vom Mitläufer zum Massenmörder. Stuttgart 2009.
Beiträge im Gedenkbuch für die Toten des KZ Mauthausen. Wien 2016.
Beiträge in: Maria Magdalena Rückert (Hg.): Württembergische Biographien. Stuttgart 2017.
Roland Maier
Studierte an der Universität Stuttgart Geschichte und Germanistik. Forscht als Historiker zu regionalen Themen. Langjähriger Mitarbeiter beim "Arbeitskreis Stadterkundungen" im Rahmen der politisch-historischen Jugendbildung im Stadtjugendring Stuttgart mit Angeboten für Jugendliche und Erwachsene. Veröffentlichungen u.a.:
Stadterkundungen - "Auf den Spuren des Dritten Reiches in Stuttgart". Stadtjugendring Stuttgart e.V. 2006.
Die Rolle des Welzheimer Polizeigefängnisses im Dritten Reich, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Welzheimer Wald 15/2015.
Auf den Spuren jüdischen Lebens - Sieben Streifzüge durch Stuttgart. Stuttgart 2019 (zusammen mit Sigrid Brüggemann).
Beiträge in: Hermann Abmayr (Hg.): Stuttgarter NS-Täter. Vom Mitläufer zum Massenmörder, Stuttgart 2009.