Anton Baumann (1901 - 1944)
17.10.1941 Heilanstalt Winnental
23.03.1944 KZ Mauthausen
02.05.1944 Tod im KZ Ebensee
Anton Baumann wurde am 17. Oktober 1901 in Bodnegg-Ippenried im heutigen Landkreis Ravensburg geboren. Mit 16 Jahren kam er zur Fürsorgeerziehung in das Jugendhilfeheim St. Konradihaus in Schelklingen.
Zwischen 1916 und 1929 wurde er sieben Mal wegen Diebstahl, fortgesetztem schweren Diebstahl, Unterschlagung und Zechprellerei verurteilt. Ab 18. Februar 1932 war er zur Verbüßung einer zweijährigen Freiheitsstrafe im Landesgefängnis Schwäbisch Hall inhaftiert. Am 26. September 1932 verlegte man ihn in die "Irrenabteilung" des Zuchthauses Ludwigsburg auf dem Hohenasperg. Noch während er dort einsaß, beschloss am 12. Juni 1934 die Strafkammer des Landgerichts Ravensburg ein Hauptverfahren gegen Anton Baumann zu eröffnen, in dem er als "gefährlicher Gewohnheitsverbrecher" nach § 20 Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) festgestellt und Sicherungsverwahrung nach § 42e RStGB angeordnet werden sollte.
Einer solchen Verfahrenseröffnung widersprach der Arzt Dr. Staiger von der "Irrenabteilung" auf dem Hohenasperg: "Der in der Irrenabteilung untergebrachte Strafgefangene Anton Baumann hat heute eine Ladung vor die Große Strafkammer Ravensburg auf den 25. Juli d.Jrs. erhalten. Es ist gegen ihn Sicherungsverwahrung beantragt. Baumann ist geisteskrank und steht dauernd unter dem Einfluß massenhafter Sinnestäuschungen. Er ist nicht mehr zurechnungsfähig im Sinne des Gesetzes. Ich werde beantragen, ihn nach Strafende in einer Irrenanstalt unterzubringen."
Am 28. Juni 1934 wurde das Verfahren wegen Baumanns Geisteskrankheit "vorläufig eingestellt". Im Anschluss an seine Strafhaft wurde er am 18. September 1934 in die Heil- und Pflegeanstalt Weissenau in Ravensburg eingewiesen. Am 19. Februar 1936 wurde er auf der Grundlage des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 zwangssterilisiert.
In der Zeit bis Oktober 1941 war Anton Baumann immer wieder, in der Regel wegen
Diebstahlsdelikten, in Justizhaft, aber auch mehrfach in der Heilanstalt Weissenau, aus der er wiederholt floh. Versuchsweise Entlassungen zu seiner Schwester und zu seinem Vater zeitigten nicht den erhofften Effekt, durch das vertraute soziale Umfeld die erwünschte Besserung seines Verhaltens zu bewirken. Am 17. Oktober 1941 wurde er in die geschlossene Abteilung der Heil- und Pflegeanstalt Winnental in Winnenden eingewiesen.
Um den Konzentrationslagern immer weitere Arbeitssklaven zuzuführen, griff Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler schließlich auch auf die arbeitsfähigen forensischen Anstaltspatienten zu. Die Leitungen verschiedener Anstalten in Baden und Württemberg listeten in diesem Zusammenhang im Laufe des Jahres 1943 „abgabefähige“ Patienten auf, die dann im Frühjahr 1944 ins KZ Mauthausen deportiert wurden.
Am 21. März 1944 wurde Anton Baumann zusammen mit anderen forensischen Patienten von Kripobeamten abgeholt und per Sammeltransport ins KZ Mauthausen überführt. Am 23. März 1944 erhielt er dort die Häftlingsnummer 59273 und die Kategorie "SV" (Sicherungsverwahrter). Später wurde er in das KZ Ebensee überstellt, in dem die Häftlinge zu Tausenden beim Stollenbau und bei der unterirdischen Rüstungsproduktion eingesetzt wurden. Am 2. Mai 1944 starb Anton Baumann dort im Alter von 42 Jahren. Im Totenbuch, in dem in aller Regel fiktive Todesursachen eingetragen wurden, ist Kreislaufschwäche als Todesursache angegeben.
Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt den Geburtsort von Anton Baumann Bodnegg-Ippenried.
Quellen und Literatur
ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.26.3 Individuelle Häftlingsunterlagen Männer KL Mauthausen, Anton Baumann
Staatsarchiv Sigmaringen
Wü 68/2 T 3 Nr. 254
Wü 29/3 T 1 Nr. 1753/02/13
Staatsarchiv Ludwigsburg
F 235 II Bü 8793
E 356 d VI Bü 144
Hauptstaatsarchiv Stuttgart
E 151/53 Bü 500
Archiv Memorial Mauthausen
Zugangsliste Mauthausen vom 23. März 1944
Beate Rheker: Anton Baumann, in: https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org/index.php?id=4&p=13524 (eingesehen November 2023)
© Text und Recherche:
Sigrid Brüggemann, Stuttgart
Stand: November 2023
www.kz-mauthausen-bw.de