Christian Pfaus (1895 - 1944)
29.01.1944 KZ Mauthausen
17.04.1944 Tod im KZ Mauthausen
Christian Pfaus ist am 11.11.1895 in Sontheim im bayerischen Landkreis Unterallgäu geboren. Er war das neunte Kind seiner aus Lützenhardt (Waldachtal) stammenden Eltern. Beide waren als Bürstenhersteller und reisende Händler aktiv. Christian erblickte ‚unterwegs‘ auf einer Verkaufsfahrt seiner Eltern im bayerischen Schwaben das Licht der Welt. Über seine Jugend ist nichts weiter bekannt, aber mindestens zum Teil wird er sie in Lützenhardt im Kreise seiner zahlreichen Familie verbracht haben. Sein Vater stirbt 1911 in Stetten bei Dirlewangen (Württemberg), er selbst und seine Mutter wohnt 1914 in Holzgünz bei Memmingen (Bayern).
Der große Einschnitt erfolgte im August 1914 mit Beginn des ersten Weltkriegs. Er meldet sich als Kriegsfreiwilliger am 17. August 1914 und wird als Reservist beim 3. Bay. Pionierbataillon rekrutiert. Die folgenden Jahre verbrachte er an verschiedenen Frontabschnitten im Osten (Galizien) und Westen (Elsass, Vogesen) und nimmt an diversen Kämpfen teil, u.a. Schlacht 1+2 bei Münster, Schlacht bei Lemberg, Stellungskämpfe Verdun, unterbrochen durch Lazarettaufenthalte wegen Granatsplitter und rheumatischen Problemen. Zum Ende des Krieges 1918 wird seine ‚Führung‘ nicht mehr als ‚gut‘, sondern nur noch als ‚mittelmäßig‘ bezeichnet. Wie bei vielen anderen macht sich wohl Ernüchterung und Kriegsmüdigkeit breit. Der vorletzte Eintrag dokumentiert zum 27.11.1918 seine Entlassung aus dem 3. Bay. Pionierbataillon nach ‚Memmingen‘ der Heimatgemeinde vor dem Krieg. In der unübersichtlichen Zeit danach ist er aber noch ca. 6. Monate beim Militär geblieben und seinem letzten Stammrollen-Eintrag zufolge am 01.05.1919 aus dem Schützenbataillon ‚Hof‘ entlassen worden. Hier wird als neue Adresse: Berlin, Artilleriestr. 23 (heute Tucholskystraße, Berlin Mitte) angegeben, Stellung Gutsverwalter. Eine Nachfrage in der historischen Berliner Einwohnermeldekartei brachte aber keine Ergebnisse.
Über die nächsten 11 Jahre gibt es leider keine Nachrichten. Zwischenzeitlich muss er aber wieder in seiner süddeutschen Heimat zurückgekommen sein, denn 1930 erfolgte durch die Schöffengerichte Hechingen, Kempten und Ravensburg eine Verurteilung wegen schwerem Diebstahl.
Das Amtsgericht Ravensburg verhängte letztendlich eine Strafe von 7 Jahren Zuchthaus. Verbüßt hat Christian Pfaus im Zuchthaus Kaisheim in Bayern eine Strafe von 2 Jahren und 6 Monaten. In der (unvollständigen) Akte der Landesstrafanstalt Ludwigsburg wird als Entlassungsdatum der 06.11.1932 genannt. Des Weiteren ist in der Akte eine Notiz vom 14.11.1932 aus dem Zuchthaus Straubing vorhanden, welche wegen der Personalakte von Christian Pfaus nachfragen. Also genau aus dem Monat, in dem er in Kaisheim entlassen wurde. Ob im Anschluss eine weitere Haftzeit im Zuchthaus Straubing folgte, ist unklar.
Parallel dazu wurde am 14. Dez. 1937 in Berlin der Erlass zur ‚Vorbeugenden Verbrechensbekämpfung‘ gegen, wie es hieß, „Berufs- und Gewohnheitsverbrecher“ sowie „Gemeingefährliche“ in Kraft gesetzt. Möglicherweise ist Christian nach der Entlassung auf der Basis der neuen Regelung als ‚unverbesserlicher Berufsverbrecher‘ erneut in Haft geraten.
Das nächste konkrete Lebenszeichen findet sich erst in der ‚Liste der Zugänge‘ der Lagerschreibstube im KZ Mauthausen vom 30.01.1944. Hier wird er am 29.1.1944 eingeliefert und unter der Kategorie ‚Berufsverbrecher‘ (BV) dokumentiert. Im Lager angekommen erfolgt zum sofortigen Arbeitseinsatz die Verlegung ins Außenlager Ebensee.
Unter härtesten Bedingungen treiben die Häftlinge Stollen in die Berge, in dem später die Firma Steyr-Daimler-Puch AG durch die Häftlinge kriegswichtige Teile produzieren lässt. Nach 2 ½ Monaten unmenschlicher Überforderung und Unterernährung erfolgte (höchstwahrscheinlich am 14.4.1944) die Rückverlegung ins Hauptlage Mauthausen, ins dortige Sanitätslager, in dem er nur drei Tage später am 17.4.1944 verstirbt. Laut KZ-Totenbuch verstirbt er an ‚Dickdarm-katarrh und Kreislaufschwäche‘. Der eigentliche Grund dürfte aber im Hunger, den Schlägen, der Hoffnungslosigkeit, der Krankheit ohne Versorgung und in der maximalen Überforderung liegen. So endet sein Leben mit 48 Jahren ein Jahr vor dem Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft.
Da nicht bekannt ist, wo Christian Pfaus vor seiner Deportation ins KZ Mauthausen gewohnt hat, verweist der Pfeil auf der Übersichtskarte auf das Rathaus in Lützenhardt (Waldachtal), einem Wohnort seiner Eltern.
Quellen und Literatur
Familienregister der Eltern Johann Gotthardt & Johanna Pfaus, Gemeinde Lützenhardt, Kreis Freudenstadt, Bd. I Blatt 500-501
13 Kriegsstammrollen der bayerischen Armee aus den Jahren 1914-1919 mit Einträgen zu Christian Pfaus, aus Ancestry: https://www.ancestry.de/search/collections/1631/?name=Christian_Pfaus&birth=1895_Sontheim-Bayern&count=50&treePerson=171905918_242614359539
Staatsarchiv Ludwigsburg E 356 d III Bü 1051
1.1.26 Inhaftierungsdokumente Mauthausen/ Christian Pfaus
Bildnachweise
Strafgefangenenakte Staatsarchiv Ludwigsburg E 356 III Bü 1051-0001
ITS Digital Archive, Arolsen Archives Todesmeldung 1.1.26 Inhaftierungsdokumente/ Christian Pfaus; Auszug aus der Zugangsliste 1.1.26 Inhaftierungsdokumente/Christian Pfaus
© Text und Recherche:
Herbert Pfaus, Oldenburg
Stand: Oktober 2024
www.kz-mauthausen-bw.de