David Flaig (1913 - 1944)
ermordet im "Erholungsheim"
13.11.1941 Anordnung der Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt
23.03.1944 KZ Mauthausen
24.05.1944 Tod in Tötungsanstalt Hartheim
David Flaig wurde am 16. Dezember 1913 im badischen Mönchweiler (im heutigen Schwarzwald-Baar-Kreis) geboren und später evangelisch getauft. Mit Eltern und Geschwistern wohnte er in der Robert-Wagnerstraße 11 in seinem Geburtsort und arbeitete als Friseur.
1938 leistete er drei Monate Wehrdienst ab. Von März 1940 bis 23. Oktober 1941 war er im Krieg als Soldat in Frankreich und in der Sowjetunion eingesetzt. Aus verschiedenen Briefen, die immer „mit deutschem Gruß" enden, geht hervor, dass er große Sympathie für Hitlers Angriffskrieg hegte und unbedingt als Soldat dabei sein wollte. Seine kruden Vorschläge zur Kriegsführung weisen aber auf eine geistige Verwirrung hin.
Ende Oktober 1941 wurde David Flaig wegen mehrerer Vorfälle im Kriegsdienst in das Reserve-Lazarett in Winnenden zu einer psychiatrischen Begutachtung gebracht. Er hatte unter anderem ohne erkennbaren Grund einen scharfen Schuss auf seinen Nachbarposten abgegeben und verweigerte anschließend jegliche Erklärung zu dem Vorfall. Vor allem wegen seines autistischen Verhaltens bestanden Zweifel an seiner geistigen Zurechnungsfähigkeit. Im Lazarett wurde Schizophrenie diagnostiziert und er für unzurechnungsfähig erklärt.
Am 13. November 1941 fand eine Verhandlung vor dem Gericht der Division 405 gegen David Flaig statt. Die Anschuldigungen lauteten "Bedrohung eines Vorgesetzten", "Gehorsamsverweigerung" und "Wachvergehen". Wegen seiner psychischen Erkrankung wurde er für schuldunfähig erklärt und seine Zwangseinweisung nach § 42 b Reichsstrafgesetzbuch bis Kriegsende in die Heil- und Pflegeanstalt Winnental in Winnenden angeordnet. Dort war er ab 1. Dezember 1941 als Patient untergebracht.
Vor allem sein Bruder Andreas kümmerte sich während dieser Zeit um ihn. Er fragte immer wieder in der Anstalt nach seinem Befinden und hätte ihn gerne ab und zu für ein paar Tage nach Hause geholt, wo auch die Eltern und die anderen Geschwister für ihn sorgen wollten, aber die Anstaltsleitung lehnte eine, auch nur kurze, Beurlaubung kategorisch ab.
Als Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler schließlich auch auf die arbeitsfähigen forensischen Anstaltspatienten zugriff und die Leitungen verschiedener Anstalten in Baden und Württemberg in diesem Zusammenhang im Laufe des Jahres 1943 „abgabefähige“ Patienten auflisteten, die im Frühjahr 1944 von Kripobeamten aus den Anstalten abgeholt und ins Konzentrationslager Mauthausen deportiert wurden, war auch David Flaig unter den Betroffenen. Am 23. März 1944 erhielt er dort die Häftlingsnummer 59290 und wurde, wie grundsätzlich alle in das Lager eingewiesenen forensischen Patienten, als Sicherungsverwahrter "SV" registriert.
Im Mai 1944 kam er mit einem Transport in das "Erholungsheim" Hartheim, eine Tarnbezeichnung für die Tötungsanstalt Schloss Hartheim bei Linz, in der viele kranke und nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge mit Gas getötet wurden. Am 24. Mai 1944 wurde auch David Flaig auf diese Weise im Alter von 30 Jahren in Hartheim ermordet.
Im Juli 1944 teilte David Flaigs Vater der Heilanstalt Winnental mit, dass sein Sohn im Lager verstorben sei, und fragte an, ob sich noch Eigentum seines Sohnes wie Werkzeuge oder Bücher in der Anstalt befänden. Der Anstaltsdirektor antwortete am 5. August des Jahres handschriftlich:
"Mit Bedauern habe ich gelesen, daß Ihr Sohn David Flaig im Arbeitslager Mauthausen verstorben ist. Ich sprechen Ihnen mein Beileid aus. Es mag für sie ein Trost sein, daß der Tod für Ihren Sohn eine Erlösung von schweren Leiden bedeutete.
An Gegenständen von Ihrem Sohn ist nichts mehr hier. Es ist seinerzeit alles, was er hier hatte, in das Arbeitslager Mauthausen geschickt worden."
Aus den uns vorliegenden Unterlagen geht nicht hervor, ob die Angehörigen von David Flaig sich um Wiedergutmachungsleistungen bemüht haben. Allerdings bat das Jugend- und Wohlfahrtsamt Villingen mit Schreiben vom 18. April 1953 den Internationalen Suchdienst Arolsen (ITS) um die Zusendung zweier Sterbeurkunden mit Angabe der Todesursache. Das Jugendamt besaß die Vormundschaft für ein im September 1938 geborenes Mädchen, dessen "Kv." (vermutlich Kindsvater) David Flaig gewesen sein soll. In der Antwort des ITS hieß es, dass über die Todesursache nichts bekannt sei.
Quellen
ITS Digital Archive, Arolsen Archives
Korrespondenzakte TD 302285
Hauptstaatsarchiv Stuttgart
E 151/53 Bü 500
Staatsarchiv Ludwigsburg
F 235 II Bü 9439 (Patientenakte der Heilanstalt Winnental)
Memorial Mauthausen
(https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org/)
Archiv Memorial Mauthausen
Zugangsliste Mauthausen vom 23. März 1944
© Text und Recherche:
Sigrid Brüggemann, Stuttgart
Stand: Dezember 2024
www.kz-mauthausen-bw.de