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Friedrich Bregler (1897 - 1944)

Defaitistisches Schimpfen

24.03.1937 Bewahrungslager Kislau
16.09.1942 Verhaftung
19.11.1942 Anordnung der Unterbringung in einer Heil-und Pflegeanstalt
06.05.1944 KZ Mauthausen
13.06.1944 Tod im KZ Mauthausen


Friedrich Bregler wurde am 15. Dezember 1897 in Sulzfeld im heutigen Landkreis Karlsruhe geboren und evangelisch getauft. Er besuchte acht Jahre die dortige Volksschule und arbeitete dann im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Von 1916 bis 1918 war er Soldat im Ersten Weltkrieg. Er blieb ledig und lebte mit seiner sieben Jahre älteren Schwester Luise im gemeinsamen Haushalt in der Hauptstraße 62 in Sulzfeld.

Schon in den 1920er Jahren war er aktives Mitglied in der Kommunistischen Partei (KPD) und betätigte sich auch nach deren Verbot durch die Nationalsozialisten illegal weiter für sie. 1934 wurde er deswegen für eine unbekannte Zeitdauer in Schutzhaft genommen.  Am 8. April 1937 wurde er durch das Amtsgericht Eppingen wegen "Verschwendung und Geistesschwäche" entmündigt. Die Verschwendung war damals in der "völligen Vernachlässigung seines landwirtschaftlichen Betriebs" gesehen worden. Am 24. März 1937 verfügte die Kripo Karlsruhe seine Einweisung in das Bewahrungslager Kislau, wo er über 18 Monate festgehalten wurde.

Am 10. Juli 1942 schimpfte Friedrich Bregler in der Gaststätte "Zur Germania" in Oberderdingen (Derdingen im Kraichgau) über die Wehrmacht: "Ich bedaure keinen, der im letzten Winter in Russland erfroren ist. Wenn das keine Arschlöcher gewesen wären, wären sie heimgegangen“. Zwei Monate später wurde er (vermutlich aufgrund einer Denunziation) wegen dieser Äußerungen festgenommen. Die Schwester beschrieb die Festnahme: „Mein Bruder (...) wurde am 16. September 1942 vom Acker beim Obstabmachen gegen Abend 6 Uhr ahnungslos durch die Karlsruher Gestapo mit einem Auto wie ein Schwerverbrecher weggenommen. Ich war dabei, wir wussten überhaupt nicht, warum.“ Bregler kam in die Justizvollzugsanstalt Karlsruhe. Die Gestapo Karlsruhe ersuchte um ein Gutachten über Friedrich Bregler, das ihr am 8. Oktober 1942 zugestellt wurde. Der Gutachter, ein Medizinalrat, befand, dass Bregler schon in jungen Jahren durch sein "störrisches und eigenwilliges Wesen" sowie durch seine "Sonderlichkeit" aufgefallen sei. Seine Kleidung sei "räuberhaft" und er mache einen "herabgekommenen und vagabundenhaften Eindruck". Weiter hieß es: "Sein Betragen ist frech und ungebührlich. Gleichzeitig wirkt er täppisch. [...] Wenn man auf sein Lieblingsthema, auf die revolutionären kommunistischen Ideen zu sprechen kommt, zeigt er innere Teilnahme und er geht auch gut mit. [...] Die Stimmung ist wechselnd zwischen ernst und heiter [...] trotzig und bockig.[...] Die Urteilsfähigkeit ist für die Geschehnisse in der Umwelt einseitig und verschroben. Die derzeitig Lage betrachtet er als nicht selbstverschuldet und empfindet seine Strafe als Unrecht. Alles bezieht er auf sich und fühlt sich immer benachteiligt und unrecht behandelt. [...] B. hält sich [sic] als einen Märtyrer für die gemeinsame Sache der 'unteren Schicht'. Er will ein Idealist sein, der seinen Kampf für den Sozialismus ohne Aussicht auf Erfolg verficht. Was seine Entmündigung betrifft, so glaubt er, dass er von dem Kapitalisten entmündigt worden sei, damit sein Eigentum seinem Bruder zufällt. Ihm sei heute aber alles gleich, nur wünsche er, dass die sozialistischen Ideen, wie sie von Moskau gelehrt werden, die Völker durchdringen mögen."
Der Gutachter kam zu dem Schluß, dass sich Bregler, der aus einer "erblich schwer mit Schizophrenie belasteten Familie" komme, zu einem "verschrobenen" Menschen entwickelt habe, bei dem eine Psychpathologie , gepaart mit einer "schleichend verlaufenden Schizophrenie", vorliege die zu einer "völligen Versandung und Verödung des Gemüts und Intellektes" geführt habe. "Da B. als arbeitsscheuer und asozialer Psychopath und Geisteskranker durch seine staatsfeindlichen Äußerungen gemeingefährlich ist, erachte ich Maßnahmen nach § 42 a für zweckmässig."

Vor dem Sondergericht Mannheim wurde gemäß § 134 a Strafgesetzbuch, nach welchem derjenige, „der die deutsche Wehrmacht beschimpft oder böswillig und mit Überlegung verächtlich macht“, mit Gefängnis zu bestrafen war, Anklage erhoben. Das Gericht folgte dann jedoch dem zitierten Gutachten, erklärte Friedrich Bregler für "unzurechnungsfähig" und ordnete am 19. November 1942 gemäß § 42 a RStGB seine Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt (vermutlich in der Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch) an.

Um den Konzentrationslagern immer weitere Arbeitssklaven zuzuführen, griff Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler schließlich auch auf die arbeitsfähigen forensischen Anstaltspatienten zu. Die Leitungen verschiedener Anstalten in Baden und Württemberg listeten in diesem Zusammenhang im Laufe des Jahres 1943 „abgabefähige“ Patienten auf, die dann im Frühjahr 1944 von der Kriminalpolizei aus den Anstalten abgeholt und in mehreren Transporten in das KZ Mauthausen deportiert wurden.

Am 6. Mai 1944 wurde Friedrich Bregler im KZ Mauthausen mit der Häftlingsnummer 65420 (Kategorie "SV" Sicherungsverwahrung) registriert und dem Block 18 zugewiesen. Am 18. Mai 1944 wurde er ins Sanitätslager verlegt. Knapp einen Monat später, am 13. Juni, verstarb er dort im Alter von 46 Jahren. Im Totenbuch des KZ Mauthausen, in dem in aller Regel fiktive Todesursachen eingetragen wurden, ist als Todesursache blutiger Dickdarmkatarrh und Kreislaufschwäche angegeben.

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Friedrich Bregler
Todesmeldung Friedrich Bregler. Arolsen Archives DocID 1375281

Friedrich Breglers Schwester Luise stellte nach Kriegsende mehrere Anträge auf Entschädigung. Zwei Anträge wegen "Schaden im beruflichen Fortkommen" wurden mit der Begründung abgelehnt, Friedrich Bregler sei 1937 unter anderem auch wegen "Verschwendung", begründet mit der Vernachlässigung seines Hofes, entmündigt worden. Von daher könne kein erheblicher Schaden im beruflichen Fortkommen angenommen werden. Im letzten in den Akten vorliegenden Bescheid vom November 1959 wurde eine Entschädigung insgesamt ausgeschlossen: "der Erblasser ist nicht wegen eines politischen Vergehens verurteilt, sondern wegen Beschimpfung der deutschen Wehrmacht im Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit in eine Heil- und Pflegeanstalt eingewiesen worden, nachdem er bereits 1937 entmündigt worden war.“

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt die letzte Wohnadresse von Friedrich Bregler, Hauptstraße 62 in Sulzfeld.


Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.26.3 Individuelle Häftlingsunterlagen Männer KL Mauthausen, Friedrich Bregler
DocID: 1375281 (FRIEDRICH BREGLER)
Korrespondenzakte TD 766151

Generallandesarchiv Karlsruhe
521 Nr. 914 (Strafakte)
507 Nr. 4277-4278 (Strafprozess SG Mannheim)
480 Nr. 30949 (Entschädigungsakte)

Mauthausen Memorial: Friedrich Bregler
(https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org/)

 

© Text und Recherche:
Sigrid Brüggemann, Stuttgart
Stand: November 2023
www.kz-mauthausen-bw.de