Johannes Landsperger (1901 - 1944)
"Aus der Not heraus gehandelt"
07.02.1941 KZ Dachau
11.03.1941 KZ Mauthausen
unbekannt KZ Gusen
22.12.1944 Tod im KZ Gusen
Johannes Landsperger wurde am 14. November 1901 in Gerhausen geboren. Die Gemeinde ist heute ein Stadtteil von Blaubeuren im Alb-Donau-Kreis. Er war nicht verheiratet und verdiente sich seinen Unterhalt als Hilfs- oder Landarbeiter. Eine Zeitlang zog er als Wanderarbeiter über die Dörfer, verrichtete Gelegenheitsarbeiten in der Landwirtschaft oder verdiente sich ein paar wenige Groschen als Korb- und Feilenmacher.
Im Alter von 16 Jahren wurde er 1917 erstmals wegen Diebstahls zu fünf Tagen Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Bis 1930 folgten zahlreiche weitere Strafen, mehrmals wegen Diebstahl, aber auch wegen Betrugs und Unterschlagung. In der Regel handelte es sich dabei vermutlich um keine schwerwiegenden Vergehen, da er einmal zehn Tage und mehrere Male zwischen einer und sechs Wochen im Gefängnis war. Spätere Strafen wegen Diebstahls im Rückfall brachten ihn für drei, sechs und acht Monate ins Gefängnis. Zu einer ersten Zuchthausstrafe in Höhe von einem Jahr und sechs Monaten hat ihn 1930 das Amtsgericht Ehingen verurteilt. Eine Zuchthausstrafe bedeutete, zu verschärften Haftbedingungen und dem Zwang zu harter körperlicher Arbeit verurteilt zu werden.
Die Chronologie des Strafregisters von Landsperger zeigt, dass er mehrmals kurz nach der Haftentlassung den nächsten Betrug oder Diebstahl beging. Vor seiner Einweisung ins Konzentrationslager hatte ihn das Schöffengericht Ulm im Juni 1939 zu einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus sowie der Aberkennung der Ehrenrechte auf drei Jahre verurteilt. Der Grund: Unmittelbar nach seiner Haftentlassung im Dezember 1938 hatte er in Schelklingen bei einem Schuster ein Paar Schuhe im Wert von 13,50 RM und in einem Kurzwarengeschäft ein Hemd im Wert von 5,40 RM mit dem Versprechen erschwindelt, im Zementwerk Blaubeuren Arbeit bekommen zu haben und am darauffolgenden Samstag zu bezahlen. Anstatt zu bezahlen, verschwand er eiligst aus Schelklingen und ward auch nicht mehr dort gesehen. Ein weiterer Anklagepunkt bezog sich auf einem Betrag in Höhe von 40,- RM, die er bei einem Bauern erschwindelt hatte. Alle drei Vorwürfe gestand er mit dem Hinweis ein, aus Not heraus gehandelt zu haben, da er nach seiner Entlassung völlig mittellos war. Das Gericht gestand ihm mildernde Umstände zu und verzichtete auf die Anordnung der Sicherungsverwahrung.
Die Kriminalpolizeileitstelle Stuttgart war anderer Meinung und ordnete im September 1940 „polizeiliche Sicherungsverwahrung“ für ihn an. Er wurde nach der Strafverbüßung nicht auf freien Fuß gesetzt, sondern vom Zuchthaus Ludwigsburg am 17. November 1940 ins Gefängnis der Kriminalpolizei nach Stuttgart in die Büchsenstraße verlegt. Angesichts der zahlreichen Vorstrafen galt Landsperger als sogenannter „Gewohnheits- oder Berufsverbrecher“.
Am 07. Februar 1941 ist die Aufnahme von Johannes Landsperger im KZ Dachau vermerkt. Er bekam die Häftlingsnummer 23676, war in "polizeilicher Sicherungsverwahrung" (PSV) und wurde mit dem grünen Winkel der „Kriminellen“ gekennzeichnet. Am 10. März 1941 ging ein Transport mit 150 Häftlingen, darunter Johannes Landsperger, vom KZ Dachau ins KZ Mauthausen nahe der Stadt Linz. Sie waren als Steinmetzlehrlinge für den Weitertransport ins KZ Gusen vorgesehen. Das KZ Mauthausen erreichte der Transport am 11. März 1941. In Mauthausen wurde Landsperger zum "Berufsverbrecher" (BV) mit der Häftlingsnummer 50045, der weiterhin den grünen Winkel der "Kriminellen" zu tragen hatte. Die nächste Station war das unweit von Mauthausen gelegene KZ Gusen. Dort ist er laut Todesmeldung am 22. Dezember 1944 um 5:55 Uhr verstorben. Eine Todesursache wird in der Todesmeldung nicht genannt. In der Regel starben die Häftlinge an den mörderischen Lebens- und Arbeitsbedingungen.
Im Raum der Namen auf der Homepage der Gedenkstätte Mauthausen wird Johannes Landsperger zusammen mit mehr als 84.000 im Lagersystem Mauthausen verstorbenen Häftlingen genannt. Dies ist vermutlich der erste öffentliche Hinweis auf sein Verfolgungsschicksal.
Die Markierung auf der Übersichtskarte weist auf die Adresse des Rathauses, Hauptstraße 5, in Guggenhausen. Landsperger wohnte vor seiner Verhaftung in Egg, einem heutigen Teilort von Guggenhausen, die genaue Adresse ist nicht bekannt.
Quellen und Literatur
Staatsarchiv Ludwigsburg: E 356 d V Bü 2486
ITS Digital Archive, Arolsen Archives:
1.1.6 Inhaftierungsdokumente Dachau/ Johannes Landsperger
1.1.26Todesmeldung Mauthausen/ Johannes Landsperger
Mauthausen Memorial https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org/
Maršálek, Hans: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen, Wien-Linz 1995.
Bildnachweise
Staatsarchiv Ludwigsburg: E 356 d V Bü 2486, Schreiben Kriminalpolizeileitstelle Stuttgart vom 11.09.1940
ITS Digital Archive, Arolsen Archiv: Schreibstubenkarte Dachau, Johannes Landsperger
© Text und Recherche:
Ingrid Bauz, Stuttgarter
Stand: Juli 2021
www.kz-mauthausen-bw.de