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Karl Großhans (1881 - 1946)

Konstanzer Sozialdemokrat

März 1933 – März 1934 KZ Heuberg und Kislau
23.08.1944 KZ Natzweiler
06.09.1944 KZ Dachau
16.09.1944 KZ Mauthausen

Image
Großhans
Karl Großhans
Foto:  Rosgartenmuseum Konstanz

Karl Julius Großhans wurde am 15. März 1881 in Altensteig (Oberamt Nagold, seit 1938 Landkreis Calw) geboren. Er war eines von neun Kindern des Schuhmachers Michael und seiner Frau Anna Marie Großhans. Nach der Schule in Altensteig erlernte er den Beruf des Schriftsetzers in Kirchheim unter Teck. Seine Wanderschaft als Geselle führte ihn durch die Schweiz, Italien und Frankreich. Ab 1920 war er in Konstanz bei der Christlichen Verlagsanstalt, später beim Regionalblatt „Thurgauer Volksfreund“ in Kreuzlingen, tätig.

1899 kam er nach Konstanz und trat in die SPD ein; später war er deren Vorsitzender und Vorstandsmitglied in Konstanz. Außerdem engagierte er sich in den Vorständen des Gewerkschaftskartells und des örtlichen Buchdruckervereins. Er initiierte den Bau des Waldheims des Arbeiter-Sport-Vereins „Bahn Frei“, das zum Versammlungslokal der Konstanzer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden sollte. 1912 nahm er als Konstanzer Delegierter am SPD-Reichsparteitag in Chemnitz teil. Nach Kriegsteilnahme im Ersten Weltkrieg 1916 bis 1917 wurde Großhans 1918/19 Vorsitzender des Konstanzer Arbeiter- und Soldatenrates.

Nachdem er 1919 in Konstanz ein Landtagsmandat für den Seekreis (Bodensee) im Landtag der Republik Baden in Karlsruhe errungen hatte, stieg er zu einem maßgeblichen Politiker in jener Region in den 1920er und frühen 1930er Jahren auf. Er war Mitglied im Petitionsausschuss (1921–1925) und im Haushalts- und Finanzausschuss (1925–1929). Zudem war er 1920 Begründer der Arbeiterzeitung "Konstanzer Volksblatt" und deren Redakteur bis 1933. Außerdem war er einer der Gründer des Wehrverbands zum Schutz der Weimarer Republik „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ in Konstanz. 1932 stand er wegen angeblicher Misshandlung eines NSDAP-Mitglieds vor Gericht.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde er am 17. März 1933 in Konstanz inhaftiert. Am 7. Juli 1933 kam er in das Konzentrationslager Heuberg. Am 23. Dezember 1933 verlegte man ihn in die badische Haftanstalt Kislau, wo er im März 1934 entlassen wurde.

Zwischen Februar 1933 und Sommer 1939 war Großhans wiederholt Anlaufstelle für NS-Gegner, die Hilfe  für die Flucht in die Schweiz benötigten, weshalb er am am 7. Juli 1939 von der Gestapo Konstanz vorgeladen wurde. Nach einer staatspolizeilichen Wohnungsdurchsuchung erließ das Amtsgericht Tettnang gegen Großhans einen Haftbefehl wegen Vorbereitung zum Hochverrat. Das Sondergericht in Stuttgart verurteilte ihn im November 1939 allerdings zu lediglich acht Monaten Haft. Unter Anrechnung der Untersuchungshaft und einem zusätzlichen viermonatigen Straferlass wurde er bereits am 29. November 1939 aus der Haft entlassen.

Am 22. August 1944 wurde er im Rahmen der nach dem Umsturzversuch des 20. Juli 1944 erfolgten reichsweiten Verhaftungsaktion „Aktion Gewitter“ (auch Aktion Gitter und Aktion Himmler genannt) in Konstanz verhaftet und um 7.30 Uhr ins Landgerichtsgefängnis Konstanz gebracht. Die Gestapoaktion „Gewitter“ betraf ehemalige Funktionäre und Mandatsträger der Sozialdemokraten, Kommunisten und der Zentrumspartei sowie weiterer Parteien der Weimarer Republik. Am Tag nach seiner Verhaftung wurde Großhans von der Gestapo – Stapoleitstelle Karlsruhe – in das Konzentrationslager Natzweiler im Elsass eingewiesen (Häftlingsnummer 23314). Als das Lager Natzweiler wenig später aufgelöst wurde, kam er per Sammeltransport vom 4./6. September 1944 in das KZ Dachau (Schutzhäftling Nummer 102 115). Bereits am 14./16. September 1944 erfolgte jedoch, ebenfalls per Sammeltransport, die Überstellung in das Konzentrationslager Mauthausen (Häftlingsnummer 98175). Nach zweitägiger Quarantäne war er bis 5. Februar 1945 im Revier V. Nach der Befreiung am 5./.6 Mai 1945 durch die US-amerikanische Armee erfolgte seine Entlassung am 23. Mai 1945 per Verfügungsbefehl des zuständigen dreiköpfigen Ausschusses der US-Militärregierung.

Nach dem Krieg betrieb Großhans wie schon zuvor einen Zigarrenhandel in Konstanz und wirkte als Redakteur des Südkuriers sowie Ehrenvorsitzender der Konstanzer SPD am demokratischen Neuanfang mit.

Er verstarb bereits ein Jahr nach der Befreiung, am 25. Mai 1946, vermutlich an den Folgen der Haft.

1986 wurde er zum Ehrenpräsidenten der SPD Konstanz ernannt. 2006 stand sein Name Pate für die Benennung des Karl-Großhans-Wegs in Konstanz. Am 14. September 2006 wurde für ihn ein Stolperstein (mit unrichtiger Geburtsjahresangabe) in der Konstanzer Hussenstraße 43 verlegt.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Großhans‘ letzte Meldeadresse Römerstraße 43, heute Hussenstraße 43 in Konstanz.

 

Quellen und Literatur

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
DocID: 12058117
1.1.29.2 Individuelle Unterlagen Natzweiler / Karl Großhans
1.1.6.2 Individuelle Unterlagen Dachau / Karl Großhans
1.1.26.3 Individuelle Unterlagen Männer Mauthausen / Karl Großhans

Bundesarchiv
R 3017/796
F 196/1 Nr. 862

Generallandesarchiv Karlsruhe
521 Nr. 8514 Karteikarte Kislau
231 Nr. 10956 fol. 166-168

Staatsarchiv Freiburg
D 81/1 Nr. 60 (Strafverfahren 1932)

Tobias Engelsing: "Hakenkreuz am Rathaus", Südkurier 24. April 2002.

R. Hamp / H. Riemer: Karl Großhans 1882 – 1946, in: Stolpersteine Konstanz (https://stolpersteine-konstanz.de/grosshans_karl.html)

Michael Kitzing: Großhans, Karl Julius, Redakteur, MdL-SPD, Verfolgter des NS-Regimes, in: Badische Biographien. - N.F. 6. 2011. - S. 153 – 156.

Landtag von Baden-Württemberg (Hg.), Das Gedenkbuch für NS-Verfolgte und dabei zu Tode gekommene württembergische und badische Abgeordnete, Stuttgart o.J. (2004?), https://www.landtag-bw.de/contents/gedenkbuch/abgeordnete/VA_Grosshans%2c%20Karl%20(Julius)~277.html)

Leo-BW: Großhans, Karl Julius  (https://www.leo-bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/PERSON/kgl_biographien/1012715957/biografie)

Dieter Schott: "Die Leidenszeit begann mit Schutzhaft", Südkurier 17. März 1983.

Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Hg.): Der Freiheit verpflichtet. Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert, Berlin 2013, S. 193.

Käte Weick: Widerstand und Verfolgung in Singen und Umgebung. Berichte, Lebensbilder u. Dokumente.

Wikipedia Personenartikel: Karl Großhans

Norbert Zeller (Hg.): Sozialistische Bodensee-Internationale, Festschrift zum 100jährigen Jubiläum. Friedrichshafen (2002?).

 

© Text und Recherche:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: Dezember 2022
www.kz-mauthausen-bw.de