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Karl Joos

Badischer "Gewitter"-Häftling

23.08.1944 KZ Natzweiler
06.09.1944 Dachau
14.09.1944 KZ Mauthausen
30.10.1944 Entlassung aus KZ Mauthausen

Karl Joos wurde am 15. August 1876 in Oberwinden (heute: Winden im Elztal, Landkreis Emmendingen) geboren. Er war römisch-katholisch getauft, verheiratet mit Emma, geborene Eckerle, und hatte sieben in der Zeit von 1904 bis 1914 geborene Kinder. Das Ehepaar wohnte in der Jägergasse 2 in Staufen im Breisgau. Joos, der acht Jahre die Volksschule besucht hatte, war von Beruf Schmied. 1917, im Ersten Weltkrieg, wurde er mit der militärischen silbernen Karl-Friedrich-Verdienstmedaille am Bande ausgezeichnet.

Karl Joos war seit 1919 Mitglied der SPD und acht Jahre Vorstand des Ortsvereins Staufen. Von 1926 bis 1930 fungierte er als sozialdemokratischer Gemeinderat.

Am 22. August 1944 wurde er im Zuge der nach dem Umsturzversuch des 20. Juli 1944 erfolgten reichsweiten Verhaftungsaktion „Gewitter“ (auch Aktion „Gitter“ und Aktion Himmler genannt) im Auftrag der Gestapo von der Gendarmerie in Staufen verhaftet und ins Gerichtsgefängnis Müllheim verbracht. Die Aktion „Gewitter“ betraf ehemalige Funktionäre und Mandatsträger der Sozialdemokraten, Kommunisten und des Zentrums sowie weiterer Parteien der Weimarer Republik. Am folgenden Tag wies die Gestapo – Stapoleitstelle Karlsruhe – Joos in das Konzentrationslager Natzweiler im Elsass ein; Häftlingsnummer 23363 "Pol. R.D." (deutscher politischer Schutzhäftling). Am 4./6. September 1944 wurde er per Sammeltransport von Natzweiler in das KZ Dachau verbracht (Häftling Nummer 101682). Bald darauf, am 14. September 1944, wurde er dem Konzentrationslager Mauthausen überstellt, wo der Transport am übernächsten Tag eintraf. Haas erhielt die Mauthausen Häftlingsnummer 98322 „Polit“ (Kategorie Politisch). Er kam von dort in das KZ-Außenlager Hermann-Göring-Werke in Linz. Über seine dortige Tätigkeit gab er später gegenüber dem Amtsarzt zu Protokoll: „Ich hab gar nichts mache müsse [sic]. Ungefähr 3 Wochen hab ich in Linz Kartoffle [sic] schälen müssen.“ Am 31. Oktober 1944 wurde er von der Kommandantur des KZ Mauthausen nach Staufen entlassen mit der üblichen Auflage, sich bei der Ortspolizei und sofort bei der Gestapo Karlsruhe zu melden.

Am 22. Oktober 1945 beantragte Joos Wiedergutmachung bei der Zweigstelle Müllheim der Badischen Landesstelle für die Betreuung der Opfer des Nationalsozialismus. Er wurde in „Gruppe I“ der Verfolgten eingeteilt. Es plagten ihn Alltagssorgen. So forderte er im November 1947 eine Bezugsgenehmigung für Biberschwanzziegel, um seine luftkriegsgeschädigte Wohnung für den Winter eindecken zu können. Ab April 1949 erhielt er eine Soforthilfe von 33.- D-Mark monatlich. Am 29. März 1950 stellte der Internationale Suchdienst in Arolsen (ITS) eine Inhaftierungsbescheinigung aus. Karl Joos klagte über psychosomatische Folgen der Haft wie Schwindel und Schreckbarkeit: „Das geht mir immer wieder durch den Kopf, wie die Leut gemartert worden sind“. Der Amtsarzt allerdings beschrieb den Patienten als „sehr rüstigen adipösen Pykniker,“ bei dessen altersbedingten Leiden „kein Zusammenhang mit der K.Z.-Haft" feststellbar sei. Seine Wiedergutmachungsangelegenheiten bearbeitete später die für Südbaden zuständige Außenstelle Freiburg des Landesamtes für die Wiedergutmachung. Laut Aktenvermerk war die Entschädigungssache am 12. Februar 1959 „vollständig erledigt“.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Karl Joos‘ Wohnadresse Jägergasse 2 in Staufen im Breisgau.


Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.29.2 Individuelle Unterlagen Natzweiler – Karl Joos
1.1.6.2 Individuelle Unterlagen Dachau – Karl Joos
1.1.26.3 Individuelle Unterlagen Männer Mauthausen – Karl Joos

Generallandesarchiv Karlsruhe
Eintrag in 233 Nr. 48962 (Verdienstmedaille)

Staatsarchiv Freiburg
B 18/3 Nr. 209 (Zivilprozess 1902)
D 180/2 Nr. 222830 (Spruchkammer)
F 196/1 Nr. 277 (Wiedergutmachung)


    © Text und Recherche:
    Roland Maier, Stuttgart
    Stand: Oktober 2023
    www.kz-mauthausen-bw.de