Willi Rothenhöfer (1903 - 1983)
Illegale Druckschriften aus der Schweiz
14.08.1936 Urteil wegen Hochverrat
31.08.1936 Zuchthaus Ludwigsburg
23.11.1937 Emslandlager
24.03.1943 KZ Natzweiler
06.09.1944 KZ Dachau
16.09.1944 KZ Mauthausen
Willi (Willy, Wilhelm) August Rothenhöfer wurde am 14. Oktober 1903 in Bad Rappenau geboren. Die Eltern waren der Metzger Wilhelm Rothenhöfer (1879-1929) und seine Ehefrau Luise, geborene Hofmann (geb. 1880). Willi Rothenhöfer war evangelisch getauft und hatte zwei Geschwister.
Er besuchte an seinem Geburtsort die Volksschule, danach die Gewerbliche Fortbildungsschule, weil er das Metzgerhandwerk erlernen wollte, was aber 1918 aufgrund der damaligen schlechten Wirtschaftslage scheiterte. Zunächst arbeitete er deshalb bei seinem Großvater in der Landwirtschaft und in den Jahren 1921 bis 1927 bei den Neckarsulmer Fahrzeugwerken (NSU) in Neckarsulm. Danach verdiente er mit kurzen Unterbrechungen seinen Unterhalt als Bauarbeiter. Beim Militär war er nicht.
Er begab sich etwa vier Wochen auf Wanderschaft und wohnte seit Ende 1931 als Bauarbeiter in der südbadischen Gemeinde Dogern bei Waldshut. Im Februar 1932 wurde er vom Bezirksamt Waldshut wegen Bettelns zu einer dreitägigen Haftstrafe verurteilt. Im Sommer desselben Jahres heiratete er die in Au am Rhein geborene Maria Engelhard (1907-1988). Aus der Ehe ging ein Kind hervor. Nach der Eheschließung war er beim Bau des Rheinkraftwerks Albbruck-Dogern beschäftigt.
Politisch war er kommunistisch orientiert. Auch nach dem Verbot der KPD unter der nationalsozialistischen Herrschaft betätigte er sich für seine Partei. Am 29. Juni 1933 verurteilte ihn das Sondergericht beim Landgericht Mannheim wegen Verbreitung kommunistischer Druckschriften zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis (Vergehen nach § 4 der Verordnung zum Schutz von Volk u. Staat vom 28.2.1933). Nachdem ihm ein kleinerer Teil der Strafe erlassen worden war, arbeitete er beim Wasser- u. Straßenbauamt Waldshut.
Drei Jahre später wurde er erneut wegen seiner Tätigkeit für die illegale KPD im Bezirk Waldshut belangt. Am 14. August 1936 sprach das Oberlandesgericht Karlsruhe das Urteil gegen zwölf der Vorbereitung zum Hochverrat angeklagte Nazigegner. Rothenhöfer wurde zu sieben Jahren Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf fünf Jahre verurteilt.
Über das Gefängnis Bruchsal wurde er unter angeordneter Fesselung Ende August 1936 in das Zuchthaus Ludwigsburg verschubt. Hier kam er in Einzelhaft. Auf einem vorgedruckten Anstalts-Fragenkatalog schilderte er seine Straftat: "Meine jetzige Strafe verbüße ich wegen Vorbereitung zum Hochverrat. Meine Tätigkeit bestand darin, dass ich mitgeholfen habe, verbotene Druckschriften, welche aus der Schweiz eingeführt wurden, zu verbreiten. Auch nahm ich an Besprechungen teil, welche die bessere Organisierung der Einfuhr sowie der Verbreitung zum Gegenstand hatten. Schließlich nahm ich auch Beitragsgelder entgegen. Während der Untersuchung war ich geständig. Schuld an dieser Angelegenheit war ich selbst. Ich hätte unter keinen Umständen mehr mit ehemaligen Kommunisten verkehren sollen. Ich bereue meine Tat ehrlich und ich bekenne hiermit, dass ich mit dem Kommunismus gebrochen habe".
Aufgrund eines Erlasses des Generalstaatsanwalts in Stuttgart wurde er – zusammen u.a. mit dem Kommunisten Theodor Schönleber - am 23. November 1937 in das Strafgefangenenlager II Aschendorf an der Ems versetzt. Dieses Lager unterstand – im Gegensatz zu den SS-Konzentrationslagern - der Justiz. Gnadengesuche seiner Mutter und seiner Ehefrau wurden im Januar und im Oktober 1942 vom Generalstaatsanwalt Stuttgart abgewiesen.
Als die Strafzeit nahezu abgesessen war, schrieb der Hausgeistliche der Ludwigsburger Justizanstalt zum Jahresende 1942 in sein Abschlussgutachten: "Rothenhöfer hat sich in seiner ganzen Strafzeit gut geführt und war ein fleißiger Arbeiter. Er ist ein ruhiger, bescheidener Mensch, der von seiner kommunistischen Einstellung innerlich losgekommen ist und sich in Zukunft eines einwandfreien Verhaltens befleißigen wird. Er hat eine Vorstrafe wegen Verbreitung kommunistischer Druckschriften. Von Vorbeugungshaft kann abgesehen werden". Der Geistliche meinte mit dem Terminus „Vorbeugungshaft“, welche die Kripo anordnen konnte, in diesem Fall offensichtlich die von der Gestapo zu verfügende „Schutzhaft“.
Letztere wurde dann, entgegen der Fürsprache des Abschlussgutachtens, auch tatsächlich angeordnet. Zuvor allerdings musste Rothenhöfer noch die ihm 1934 zunächst erlassene Reststrafe von 116 Tagen im Gefängnis in Ulm absitzen. Im Anschluss wurde er der Stapoleitstelle Karlsruhe zugeliefert, die seine Einweisung in das Konzentrationslager Natzweiler im Elsass verfügte. Dort traf er am 23. März 1943 ein (Häftlingsnummer 3002) und wurde als Hilfsarbeiter im Steinbruch eingesetzt. Ab 5. Oktober 1943 fungierte er als Blockältester. Als das Stammlager Natzweiler wegen der militärischen Situation geräumt wurde, kam er mit einem Massentransport – auf dem sich u.a. auch badische „Gewitter“-Häftlinge befanden - am 6. September 1944 in das KZ Dachau (Schutzhäftling Nummer 105.846). Kurz darauf gelangte er am 16. September mit einem weiteren, 2.000 Häftlinge umfassenden Massentransport von Dachau in das KZ Mauthausen (Schutzhäftling Nummer 98.027). Nach der Quarantänezeit wurde er ab 4. Oktober 1944 im Heizungskommando eingesetzt. Ab 4. Januar 1945 befand er sich im Krankenrevier des KZ Mauthausen.
Nach der Befreiung wohnte er - spätestens seit Oktober 1945 – mit seiner Familie in Rastatt. Dorthin – in die Lochfeldstraße 3 - war seine Frau mit dem Kind gezogen - vermutlich im Zusammenhang mit einer vorübergehenden Ehekrise, zu der es nach seiner Verhaftung gekommen war. Diese Anschrift hatte Rothenhöfer während seines KZ-Aufenthalts immer als seine Heimatadresse angegeben. In Nachkriegsquellen wird abweichend auch Lochfeldstraße 13 als Anschrift angegeben.
Mitte Dezember 1947 ersuchte er die "Vorbereitende Kommission der Internationalen Flüchtlings-Organisation" (International Refugee Organization, IRO) um Unterstützung. Am 1. Oktober 1948 schied er aus der Betreuung durch die IRO aus. Beim Landesamt für die Wiedergutmachung, Außenstelle Freiburg, beantragte er Wiedergutmachung (die einschlägigen Unterlagen wurden von uns aufgrund begrenzter Ressourcen noch nicht eingesehen).
Willi Rothenhöfer starb im Februar 1983.
Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt die von Willi Rothenhöfer während der Zeit seiner Inhaftierung angegebene Wohnadresse: Lochfeldstraße 3 in Rastatt.
Quellen
ITS Digital Archive, Arolsen Archives
DocID: 130432326 (Zugangsbuch Dachau)
DocID: 1725704 (Mauthausen, WILLI AUGUST ROTHENHÖFER) ff.
DocID: 3223899 (Natzweiler WILLI ROTHENHÖFER)
DocID: 68848039 (DP-Lager WILLI ROTHENHOFER)
DocID: 128452125 (Transportliste nach Mauthausen)
3.2.1 IRO „Care and Maintenance“ Programm
Transportliste nach dem KL. Mauthausen ObD., Signatur 3712793160
3.2.1.1 / 79665557
TD 1000354
Bundesarchiv
R 3018/48
Staatsarchiv Ludwigsburg
E 356 d V Bü 1233
Generallandesarchiv Karlsruhe
Verweis auf 507 Nr. 11680 – 11683 (Sondergericht Mannheim)
Staatsarchiv Freiburg
D 180/2 Nr. 120916 (Spruchkammer Südbaden)
F 196/1 Nr. 3131 (Landesamt für die Wiedergutmachung)
© Text und Recherche:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: Januar 2025
www.kz-mauthausen-bw.de