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Adolf Cahn (1901 - 1942)

Adolf Cahn wurde am 17. September 1901 in Wetter, Kreis Marburg, als Sohn jüdischer Eltern geboren. Sein Vater, ein gelernter Metzger, kam aus Süchteln (Viersen). Die Mutter stammte aus Wetter, wo 1900 auch die standesamtliche Ehe geschlossen wurde. 1915 übersiedelte die Familie in den Raum Stuttgart. Adolf Cahn erlernte den Beruf des Kaufmanns, um sich dann als freier Handelsvertreter zu betätigen.

Aus Adolf Cahns Beziehung zu der elterlichen Hausangestellten Paula Häussler ging 1930 ein Sohn hervor. Am 7. Juni 1934 folgte die Geburt einer Tochter. Am 28. Juli 1934 schlossen Adolf Cahn, der laut Trauschein sein israelitisches Glaubensbekenntnis beibehielt, und seine Partnerin Paula, eine Katholikin, in der katholischen Liebfrauenkirche zu Cannstatt die Ehe. Die Tochter wurde katholisch getauft.

Beruflich tat Adolf Cahn sich schwer, festen Tritt zu fassen. Seit 1932 übte er seine Tätigkeit als Handelsvertreter nicht mehr aus, wechselte häufig die Arbeitsstelle, und die Fehltage mehrten sich. Seit Mitte 1937 war er arbeitslos. Schließlich wurde er im Zuge der kriminalpolizeilichen Aktion gegen „Arbeitsscheue“ verhaftet und am 23. Juni 1938 in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingewiesen (Häftlingsnummer 6283). In der Hoffnung, durch den Nachweis einer Auswanderungsmöglichkeit seine Haftentlassung bewirken zu können, wandte sich seine Gattin an den Caritasverband der Diözese Rottenburg. Dort stellte man ihr in Aussicht, dass ihr Mann bei der Auswanderungsquote, die der Vatikan für katholische Nichtarier für Brasilien angestrebt hatte, zum Zuge kommen sollte. Doch erst am 22. Februar 1939 endete Adolf Cahns Haftzeit in Sachsenhausen. Nach wechselnden Beschäftigungsverhältnissen fand er schließlich im April 1941 eine feste Anstellung bei einer Fabrik in Stuttgart-Untertürkheim.

Im Herbst 1941 geriet Cahn in einem Zigarrengeschäft mit einem NS-Funktionär, der Cahn persönlich kannte und offenbar an dessen Anwesenheit im Laden Anstand nahm, in eine Auseinandersetzung. Cahn machte geltend, dass sein Sohn im NS-“Jungvolk“ sei. Wenig später wurde der Kontrahent zusammen mit dem Ortsgruppenleiter an Cahns Arbeitsplatz vorstellig. Wer Cahn schließlich denunzierte, ob dieser NS-Funktionär, die Firmenleitung oder jemand anderes, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen.

Jedenfalls ging Monate nach diesem Vorfall die Stuttgarter Gestapo-Leitstelle aufgrund einer bei ihr eingegangenen Anzeige gegen Cahn vor. Die Vernehmung sämtlicher Beschäftigten der Firma ergab, dass er von Mitarbeiterinnen Kekse, einige Brotmarken und eine Flasche Schnaps angenommen hatte. Er hatte dies wohl weniger aus Not als aus Gedankenlosigkeit getan, da ihm als Partner einer „privilegierten Mischehe“ die gleiche Lebensmittelzuteilung wie Nichtjuden zustand. Zur ungünstigen staatspolizeilichen Gesamtbeurteilung Cahns trugen neben der Tatsache, dass er „Rassejude“ war, die kriminalpolizeilichen Akten bei, die seinerzeit im Zusammenhang mit der Juli-Aktion 1938 angelegt worden waren.

Cahn, der am 7. Januar 1942 in die Stuttgarter Gestapozentrale vorgeladen und dort in Haft genommen worden war, kam über das württembergische Gestapogefängnis Welzheim in das KZ Mauthausen (Häftlingsnummer 9016, Kategorie „Jude“). Dort wurde er am 10. März 1942 angeblich „auf der Flucht erschossen“.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt die Pfalzstraße 66 in Stuttgart, wo am 5. Oktober 2009 ein Stolperstein für Adolf Cahn verlegt wurde.


Quellen und Literatur

Staatsarchiv Ludwigsburg
EL 350 I Bü 40785; EL 903/2 Bü 2; EL 902/20 Bü 18064

www.stolpersteine-stuttgart.de.

Ingrid Bauz u.a. (Hrsg.): Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern. Stuttgart 2013, S. 288.


© Recherche und Text:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: Januar 2015
www.kz-mauthausen-bw.de