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Emil Kohlbrenner

(geb. 1880)

Badischer „Gewitter“-Häftling

23.08.1944 KZ Natzweiler
06.09.1944 KZ Dachau
16.09.1944 KZ Mauthausen
30.10.1944 Entlassung aus KZ Mauthausen

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Kohlbrenner
Emil Kohlbrenner, StAF F 196/1 Nr. 623

Emil (Emile) Kohlbrenner wurde am 15. Januar 1880 in Langenau (heute: Schopfheim Kreis Lörrach) geboren. Er war evangelisch getauft, verheiratet mit Frieda, geborene Asal, und hatte zwei in den Jahren 1910 und 1921 geborene Kinder. Die Familie wohnte in der Gartenstraße 8 in Schopfheim. Von Beruf war Emil Kohlbrenner Lagerhalter und arbeitete bei der Konsumgenossenschaft Oberbaden. Er gehörte der SPD von 1906 bis 1933 an und war in verschiedenen Ämtern für seine Partei tätig.

Am 22. August 1944 wurde er wie zahlreiche Andere im Rahmen der nach dem Umsturzversuch des 20. Juli 1944 erfolgten reichsweiten Verhaftungsaktion „Aktion Gewitter“ (auch Aktion Gitter und Aktion Himmler genannt) von der Arbeit weg verhaftet und ins Gerichtsgefängnis Lörrach gebracht. Die Gestapoaktion „Gewitter“ betraf ehemalige Funktionäre und Mandatsträger der Sozialdemokraten, Kommunisten und der Zentrumspartei sowie weiterer Parteien der Weimarer Republik. Er wurde von der Gestapo vernommen. Kohlbrenner: „Diese Vernehmung erstreckte sich lediglich auf die Feststellung, dass ich vor 1933 der S.P.D. als Mitglied angehörte und für diese tätig war“. Am folgenden Tag wurde Kohlbrenner von der Gestapo – Stapoleitstelle Karlsruhe – in das Konzentrationslager Natzweiler im Elsass eingewiesen (Häftlingsnummer 23357) und erhielt den roten Winkel als Kennzeichen eines politischen Häftlings. Als das Hauptlager Natzweiler angesichts der sich nähernden Front wenig später aufgelöst wurde, kam er per Sammeltransport vom 4./6. September 1944 in das KZ Dachau (Häftling Nummer 101729). Bereits am 14./16. September 1944 erfolgte jedoch, ebenfalls per Sammeltransport, die Überstellung in das Konzentrationslager Mauthausen (Häftlingsnummer 98388 „Polit“). Zum Arbeitseinsatz kam er in das KZ-Außenlager Melk, wo für die Untertage-Rüstungsproduktion der Steyr Daimler Puch AG Stollen in den Berg getrieben wurden. Er selbst war beim Arbeitskommando Lagerausbau beschäftigt. Nach etwa 14 Tagen kehrte er wieder mit weiteren zur Entlassung bestimmten Häftlingen in das Hauptlager zurück. Hier wurde er noch einige Wochen festgehalten und dann am 31. Oktober 1944 aus dem KZ Mauthausen mit den üblichen Meldeauflagen entlassen, und zwar, nach eigener Darstellung, „bei einem Zustand seelisch und geistiger Erschöpfung. Füße und Beine dick angeschwollen und bis auf die Knochen abgemagert. In diesem Zustand brachten mich meine Angehörigen nach Hause.“

Hier wurde ihm eine vierwöchige Erholungskur verordnet. Anfang Juli 1945 übernahm er eine leichte Halbtagsarbeit, die ihm von der Stadtverwaltung übertragen wurde. Am 11. Dezember 1945 beantragte er Wiedergutmachung bei der Zweigstelle Lörrach der Badischen Landesstelle für die Betreuung der Opfer des Nationalsozialismus. Er beklagte sich bei der Betreuungsstelle, dass er trotz seine prekären Gesundheitszustandes von der Zuteilung erhöhter Lebensmittelrationen ausgeschlossen war, da selbige Ex-Häftlingen nur dann zugestanden wurden, wenn diese mindestens sechs Monate in einem KZ untergebracht gewesen waren. Für seine Wiedergutmachungsangelegenheiten zuständig war später das Landesamt für die Wiedergutmachung Freiburg beziehungsweise das Finanzamt Lörrach, Dienststelle für Vermögenskontrolle und Wiedergutmachung. Kohlbrenner ließ sich durch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) Stuttgart vertreten. Die Angelegenheit zog sich in die Länge. Kohlbrenner wandte sich im Oktober 1952 an die „Abwicklungsstelle“ des Badischen Ministeriums der Finanzen: „Nachdem ich das 72. Lebensjahr überschritten habe und eine Regelung meiner Wiedergutmachungsansprüche bis heute nicht erfolgt ist, gestatte ich mir die höfliche Anfrage, bis wann eine Regelung möglich ist?“ Diese Regelung erfolgte schlussendlich im November 1956. Er erhielt eine geringe Haftentschädigung und nun zusätzlich wegen „Schadens im beruflichen Fortkommen“ eine Zahlung von 3380.- DM und eine künftige Monatsrente von 100.- DM.

Am 18. Juni 1963 stellte der Internationale Suchdienst (ITS) in Arolsen dem Oberstaatsanwalt in Köln zu einem nicht genannten Verwendungszweck eine Haftbescheinigung für Emil Kohlbrenner aus.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Emil Kohlbrenners damaligen Wohnsitz in der Gartenstraße 8 in Schopfheim Kreis Lörrach (in den 1950er Jahren wohnte er in der Gartenstraße 13).

 

Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.6.2 Individuelle Unterlagen Dachau – Emil Kohlbrenner
1.1.26.3 Individuelle Unterlagen Männer Mauthausen – Emil Kohlbrenner
Dok. 128452118
Korrespondenzakte T/D - 284 611

Staatsarchiv Freiburg
F 196/1 Nr. 623 (Wiedergutmachung)
D 180/2 Nr. 99770 (Spruchkammer)


    © Text und Recherche:
    Roland Maier, Stuttgart
    Stand: Oktober 2023
    www.kz-mauthausen-bw.de