Emil Lurker (1898 - 1986)
Badischer "Gewitter"-Häftling
23.08.1944 KZ Natzweiler
06.09.1944 KZ Dachau
16.09.1944 KZ Mauthausen
Emil Lurker wurde am 5. April 1898 im badischen Griesheim (seit 1971 ein Stadtteil von Offenburg) als Sohn des Ludwig und der Genoveva Lurker geboren. Er war römisch-katholisch getauft, später bezeichnete er sich als freireligiös. Verheiratet war er mit Emma Schneider und hatte zwei in den Jahren 1922 und 1927 geborene Kinder. Lurker war von Beruf Metzger. Er war aber auch als Gepäckarbeiter und – nach dem Krieg – wieder als Metzger und zuletzt als Eisenbahner in Basel tätig. Die Familie wohnte in Weil am Rhein in der Adolf-Hitler-Straße 258 (heute: Hauptstraße 258, unter dieser Adresse findet sich übrigens noch immer die Filiale einer Traditionsmetzgerei).
Bis zum Jahr 1933 saß er als Vertreter der Kommunistischen Partei (KPD) im Bürgerausschuss seiner Heimatstadt. Nach Auflösung der Partei betätigte er sich politisch illegal weiter. Nach der NS-Machtübernahme wurde er im März 1933 einige Tage in Schutzhaft genommen. Am 20. März 1936 wurde er in Weil am Rhein erneut verhaftet. Einige Tage danach führte die Gestapo (genannt wird ein Beamter namens May oder Mai) in seiner Wohnung eine Durchsuchung nach illegalen Schriften durch, wobei auch Gelder beschlagnahmt wurden. Am 24. September 1936 verurteilte ihn der Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren Gefängnis, die er abzüglich der Untersuchungshaft und einem 16tägigen Straferlass in Ulm verbüßte.
Am 22. August 1944 wurde er im Rahmen der nach dem Umsturzversuch des 20. Juli 1944 erfolgten reichsweiten Verhaftungsaktion „Aktion Gewitter“ (auch Aktion Gitter und Aktion Himmler genannt) wiederum in Weil am Rhein festgenommen und ins Gerichtsgefängnis in Lörrach gebracht. Die Gestapoaktion „Gewitter“ betraf ehemalige Funktionäre und Mandatsträger der Sozialdemokraten, Kommunisten und der Zentrumspartei sowie weiterer Parteien der Weimarer Republik. Am Tag nach seiner Verhaftung wurde Lurker von der Gestapo – Stapoleitstelle Karlsruhe – in das Konzentrationslager Natzweiler im Elsass eingewiesen. Als das Lager Natzweiler angesichts der sich nähernden Front wenig später aufgelöst wurde, kam er per Sammeltransport am 6. September 1944 in das KZ Dachau (Schutzhäftling Nummer 102 082). Bereits am 14./16. September 1944 erfolgte jedoch, ebenfalls per Sammeltransport, die Überstellung in das Konzentrationslager Mauthausen (Häftlingsnummer 98564 „Sch DR“). Nach der Quarantäne in Mauthausen kam er am 21. September 1944 in das Mauthausen-Außenlager Melk, wo unter der Tarnbezeichnung „Quarz“ Stollen für die Untertagerüstungsproduktion in den Berg getrieben wurden. Anfang November wurde er vorübergehend in das Hauptlager Mauthausen rücküberstellt, um ab 10. November wieder bei "Quarz" eingesetzt zu werden. Nach eigenen Angaben war er auch im KZ-Außenlager Ebensee und bei einem Arbeitskommando bei der Bau AG Negrelli in Wien eingesetzt. Tatsächlich kam es nicht selten vor, dass Häftlinge an örtliche Baufirmen ausgeliehen wurden. Nach der Befreiung des KZ Mauthausen wurde er am 6. Mai 1945 aus dem Lager entlassen.
Für Lurkers Wiedergutmachungsangelegenheiten war die Zweigstelle Lörrach der Badischen Landesstelle für die Betreuung der Opfer des Nationalsozialismus, später die Außenstelle Freiburg des Landesamts für die Wiedergutmachung in Karlsruhe zuständig. Lurker bevollmächtigte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) Lörrach mit der Vertretung in diesen Fragen. Einen Wiedergutmachungsantrag stellte er am 29. November 1945. Lurker machte unter anderem durch die KZ-Haft erlittene Gesundheitsschäden geltend, weshalb das Landesamt 1950 den Internationalen Suchdienst (ITS) in Arolsen um Auskunft nachsuchte. Das seinerzeitige Urteil wegen Vorbereitung zum Hochverrat wurde aufgehoben und im März 1949 die Tilgung der Strafe im Strafregister veranlasst.
1957/58 war eine Klage gegen das Landesamt wegen Entschädigung (speziell wegen Soforthilfe für Rückwanderer) anhängig. Es folgte ein Verfahren wegen Entschädigung für Schaden an Eigentum und Vermögen, und 1963 kam es zu einer Rückerstattungsklage gegen die Oberfinanzdirektion Freiburg wegen im Nationalsozialismus entzogenem Bargeld. Erst um 1970 wurden die letzten Akten geschlossen.
Emil Lurker verstarb am 2. Oktober 1986.
Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Emil Lurkers Wohnsitz Hauptstraße 258 in Weil am Rhein.
Quellen
ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.6.2 Individuelle Unterlagen Dachau – Emil Lurker
1.1.26.3 Individuelle Unterlagen Männer Mauthausen – Emil Lurker
Korrespondenzakte T/D - 841 564
Staatsarchiv Freiburg
F 196/1 Nr. 988
F 166/3 Nr. 4054
F 166/3 Nr. 5604
F 166/3 Nr. 7427
P 303/4 Nr. 1795 (OFD Freiburg)
© Text und Recherche:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: Oktober 2023
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