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Franz Anton Streit

Leitender Funktionär der Freiburger Zeugen Jehovas

31.08.1936 Verhaftung durch Gestapo Freiburg
17.05.1939 KZ Dachau
27.09.1939 KZ Mauthausen
18.02.1940 rücküberstellt ins KZ Dachau
05.07.1941 KZ Buchenwald
11.04.1945 befreit in Buchenwald


Franz Anton Streit wurde am 5. Januar 1879 in Freiburg im Breisgau geboren. Er war Kaufmann und führte seit 1909 das mütterliche Kolonialwarengeschäft mit Kaffeerösterei. Seine beiden ersten Ehen endeten jeweils mit dem Tod der Ehefrauen bei ihrer ersten Geburt (*1923 und *1928, wobei die Kinder überlebten). Mit seiner Frau Johanna bekam er 1930 den dritten Sohn.

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Streit_Portrait
Franz Streit.

 Vor seiner Konversion zu den Zeugen Jehovas gehörte er der katholischen Zentrumspartei an und war auch als Schöffe tätig. 1925 ließ er sich als Bibelforscher taufen. Vor allem nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten sollte er eine wichtige Rolle innerhalb der Freiburger Gemeinde spielen. Nach dem Verbot der Bibelforscher-Vereinigung am 15. Mai 1933 in Baden und dem reichsweiten Verbot am 1. April 1935 stellte Franz Streit Räume in seinem Elternhaus für illegale Treffen zur Verfügung. Er lagerte dort verbotene Schriften wie den "Wachturm", verteilte sie von hier aus, und verwaltete die "Gute-Hoffnung-Kasse" zur Unterstützung in Not geratener Gemeindemitglieder. Wie bei den Zeugen Jehovas üblich verweigerte auch die Familie Streit den Hitlergruß, was in den 1930er Jahren die Kundschaft des Geschäfts und damit auch die Einnahmen schrumpfen ließ.

Der Gestapo war die Fortsetzung der religiösen Aktivitäten nach dem Verbot nicht entgangen. Bei der Verhaftungswelle im Vorfeld eines Kongresses der Internationalen Bibelforschervereinigung in Luzern im September 1936 wurde auch Franz Streit am 31. August 1936 festgenommen. Am 1. Februar 1937 verurteilte ihn das Sondergericht Mannheim zu einem Jahr sechs Monaten Gefängnis wegen Betätigung für eine verbotene Organisation, seine Frau Johanna im selben Prozess zu fünf Monaten Gefängnis. Damit das Geschäft weiterbetrieben werden konnte, erhielt Franz Streit Haftaufschub bis seine Frau wieder frei war. Nach Verbüßung seiner Gefängnisstrafe ordnete die Gestapo Karlsruhe Schutzhaft an.
 
Am 17. Mai 1939 traf er im KZ Dachau ein und erhielt die Häftlingsnummer 1422. Im Zuge der vorübergehenden Räumung von Dachau brachte man Franz Streit am 27. September 1939 zusammen mit rund 1600 weiteren Dachau-Häftlingen, darunter zahlreiche Glaubensgenossen, in das KZ Mauthausen. Von dort kam er Mitte Februar 1940 zurück nach Dachau. Am 5. Juli 1941 wurde er ins KZ Buchenwald (Häftlingsnummer 6581) überstellt, wo er am 11. April 1945 befreit wurde.

Nach rund acht Jahren Gefängnis und KZ kehrte Franz Streit 66-jährig nach Freiburg zurück und fand Wohnhaus und Geschäft durch den Bombenangriff Ende November 1944 zerstört. Zusammen mit ebenfalls aus den Konzentrationslagern zurückgekehrten Glaubensbrüdern wie Hermann Emter (siehe Biografie) begann er jedoch schon bald mit der Reorganisierung der Zeugen Jehovas in Freiburg und Umland. 1962 starb er mit 83 Jahren.

Im Januar 2005 wurde ihm vor dem ehemaligen Wohnhaus in der Sedanstraße 12 ein Stolperstein gesetzt.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt die Wohnadresse der Familie Streit Sedanstraße 12 in 79098 Freiburg.


Quellen und Literatur

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.5.3. Individuelle Häftlingsunterlagen Männer KL Buchenwald, Franz Anton Streit

Staatsarchiv Freiburg
F 196/1 Nr. 1002, D 180/2 Nr. 223708

Generallandesarchiv Karlsruhe
507 Nr. 1074-1101

Searching Dachau Concentration Camp Records in One Step (https://stevemorse.org/dachau/dachau.html)

www.stolpersteine-in-freiburg.de

Roser, Hubert (Hrsg.): Freiburger Zeugen Jehovas unter der NS-Diktatur, Freiburg 2010

Bildnachweis: Foto aus Hubert Roser:  Freiburger Zeugen Jehovas unter der NS-Diktatur, Freiburg 2010, S. 48


© Text und Recherche:
Sigrid Brüggemann, Stuttgart
Stand: Mai 2021
www.kz-mauthausen-bw.de