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Franz Roth (1882 - 1961)

Rechtsanwalt und Nachkriegsbürgermeister in Rastatt

23.08.1944 KZ Natzweiler
06.09.1944 KZ Dachau
16.09.1944 KZ Mauthausen
06.10.1944 Entlassung aus dem KZ Mauthausen

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Roth, Franz GLA
Franz Roth, GLA 465c Nr. 899

Franz Ludwig Roth wurde am 30. November 1882 in Rotenfels (heute: Bad Rotenfels, Stadtteil von Gaggenau im Kreis Rastatt) geboren. Die Eltern waren der Bierbrauereibesitzer Franz Anton und Mathilde Roth. Er war katholisch getauft und hatte drei Geschwister. Nach der Volksschule in Rotenfels besuchte er das Gymnasium in Rastatt. Nachdem er seine juristischen Staatsprüfungen abgelegt hatte, wurde er 1913 Rechtsanwalt in Rastatt. Am 2. April 1914 heiratete er in Freiburg im Breisgau Emmi, geborene Trück, und hatte mit ihr zwei Kinder. Die Familie wohnte in der Kaiserstraße 35 in Rastatt. 1918 erlitt er im Erstem Weltkrieg eine Kopfverletzung.

Nach dem Krieg trat er der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) bei, danach war er einige Zeit parteilos. Von Anfang Oktober 1928 bis 1933 war er Mitglied der SPD, 1925 bis 1933 Mitglied im sozialdemokratisch dominierten Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Ebenfalls bis 1933 war er Mitglied im Deutschen Anwaltverein, danach im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen (BNSDJ) beziehungsweise im daraus hervorgegangenen Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund (NSRB). 1921 war er bereits der Freimauerloge "Leopold zur Treue" beigetreten, später gehörte er bis 1933 der Karlsruher Johannisloge "Friede und Freiheit" an. Zwar trat Roth nie in die NSDAP oder SS ein, doch war er seit etwa 1938 Mitglied im NS Altherrenbund, dem die Alt-Herrenschaft der Studentenverbindung "Alemannia" Freiburg, der er seit 1902 angehörte, beigetreten war. Ebenso war er ungefähr seit 1934 Mitglied im NS-Reichskriegerbund, welcher die „Kriegerkameradschaft 1873“, der er seit 1919 angehörte, vereinnahmt hatte. Auch gehörte er dem Reichsluftschutzbund und der NS-Volkswohlfahrt an.

Einer Zusammenarbeit mit Nationalsozialisten verweigerte er sich also nicht grundsätzlich. So betätigte er sich 1934 als Rechtsberater der damals neu aufgestellten motorisierten SS-Formation in Rastatt. Nach Kriegsbeginn lieferte er dem NS-Inlandsgeheimdienst SD (Sicherheitsdienst des Reichsführers SS) auf dessen Ersuchen Expertisen zu juristischen Fragen. Auch wurde er vom SD zur Abgabe nachrichtendienstlicher Stimmungsberichte aufgefordert. Ob oder inwiefern er letzterem Ansinnen entsprach, ist nicht bekannt.

Mitglied einer verbotenen Oppositionspartei oder -gruppe war er während der Zeit des Nationalsozialismus nicht. Dennoch wurde er am 22. August 1944 im Rahmen der nach dem Umsturzversuch des 20. Juli 1944 erfolgten reichsweiten Verhaftungsaktion „Aktion Gewitter“ (auch Aktion Gitter und Aktion Himmler genannt) verhaftet. Die Gestapoaktion „Gewitter“ betraf ehemalige Funktionäre und Mandatsträger der Sozialdemokraten, Kommunisten, der Zentrumspartei sowie weiterer Parteien der Weimarer Republik. Am folgenden Tag wurde Roth von der Gestapo – Stapoleitstelle Karlsruhe – in das Konzentrationslager Natzweiler im Elsass eingewiesen (Häftlingsnummer 23151 „Pol RD“ - politisch reichsdeutsch). Als das Lager Natzweiler angesichts der näherrückenden Front wenig später aufgelöst wurde, kam er per Sammeltransport vom 4./6. September 1944 in das KZ Dachau (Häftling Nummer 102055). Hier kam er zum Arbeitseinsatz in den KZ-Außenlagerkomplex München-Allach, der der BMW-Flugmotorenproduktion diente. Bereits am 14./16. September 1944 erfolgte jedoch, ebenfalls per Sammeltransport, die Überstellung in das Konzentrationslager Mauthausen (Häftlingsnummer 99025 „Pol“). Am 6. Oktober 1944 wurde er aus dem KZ Mauthausen entlassen.

Seit 15. April 1945, also unmittelbar nach der Besetzung Rastatts durch französische Truppen, wurde er als kommissarischer Bürgermeister der Stadt Rastatt vom Landrat notdienstverpflichtet. Bis zum 21. November 1945 übte er dieses Amt aus und nahm anschließend seine Tätigkeit als Rechtsanwalt wieder auf. Für die Wiedergutmachung der KZ-Haft zuständig war das  Landesamt für die Wiedergutmachung - Außenstelle Freiburg. Franz Roth starb am 7. April 1961 in Rastatt. Am 18. Juni 1963 übermittelte der Internationale Suchdienst (ITS) dem Oberstaatsanwalt in Köln einen Inhaftierungsnachweis für Franz Roth.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Franz Roths Wohnung in der Kaiserstraße 35 in Rastatt.


Quellen und Literatur

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.29.2 Individuelle Unterlagen Natzweiler – Franz Roth
1.1.6.2 Individuelle Unterlagen Dachau – Franz Roth
1.1.26.3 Individuelle Unterlagen Männer Mauthausen – Franz Roth
T/D  419212

Generallandesarchiv Karlsruhe
456 E Nr. 9872
465 c Nr. 899

Staatsarchiv Freiburg
F 196/1 Nr. 8044
D 180/2 Nr. 7251 (digit.)

Adalbert Metzinger: Menschen im Widerstand. Mittelbaden 1933 -1945. Heidelberg 2017, S. 43.

 

© Recherche und Text:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: Januar 2023
www.kz-mauthausen-bw.de