Josef Seibold
(1891-1978)
Zeuge Jehovas
31.10.1942 Verhaftung und Polizeigefängnis Welzheim
10.03.1943 KZ Dachau
17.08.1944 KZ Mauthausen
27.08.1944 KZ Linz III
5./6.05.1945 in Mauthausen befreit
Josef Seibold wurde am 10. März 1891 in Mönstetten (bei Günzburg/Bayern) geboren. 1914 zog die Familie nach Ulm. Der Vater Johannes hatte in der Kapellengasse 25 in Ulm-Söflingen ein Haus gekauft und dort sein Schuhmachergeschäft eingerichtet. Josef und seine Ehefrau Josefa hatten zusammen ein Kind und wohnten in Ulm-Söflingen in der Neuen Gasse 37. Er war als Arbeiter tätig.
Wie der Vater Johannes waren alle Kinder aktive Zeugen Jehovas oder standen ihnen zumindest nahe. Für ihre religiöse Überzeugung traten sie auch nach der nationalsozialistischen Machtüber-nahme und dem damit einhergehenden Verbot der Betätigung für die Ziele der Ernsten Bibelforscher ein, und so waren fast alle Mitglieder der Familie gravierenden Verfolgungs-maßnahmen durch die Gestapo ausgesetzt.
Der jüngste Bruder Johann (geb. 1903) war im Dezember 1940 in Brandenburg hingerichtet worden, weil er weder einen Eid noch Waffendienst leisten wollte. Sein Neffe Konrad Seibold jun. (geb. 1922) verweigerte 1941 die Annahme seines Wehrpasses und seine Einberufung zur Wehrmacht. Nach seiner Verhaftung im August 1941 wurde er im Februar 1942 vom Reichskriegs-gericht wegen "Zersetzung der Wehrkraft" zum Tode verurteilt und Ende März 1942 ebenfalls in Brandenburg hingerichtet. Die Schwester Josefs, Barbara (geb. 1897), wurde im Spätherbst 1943 festgenommen. Obwohl sie nur "Sympathisantin" war, warf man ihr vor, einen 17-jährigen Zeugen Jehovas darin bestärkt zu haben, einer Einberufung zum Reichsarbeitsdienst (RAD) nicht Folge zu leisten. Im Februar 1944 wurde sie ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überführt. Nach einem Todesmarsch von Ravensbrück nach Schwerin wurde sie dort am 27. April 1945 befreit.
Am 31. Oktober 1942 wurden Josef Seibold und sein Bruder Konrad (siehe Biografie) von der Gestapo Stuttgart verhaftet. Sie kamen zusammen in das Polizeigefängnis Welzheim, wo Josef nach Aussage des Mithäftlings Wilhelm Bechtle "sehr schikaniert" wurde. Am 10. März 1943 wurden die beiden Brüder in das KZ Dachau eingeliefert, wo sie die Häftlingsnummern 46454 (Josef) und 46453 (Konrad) erhielten. Auf der später ins KZ Mauthausen mitgeschickten Dachauer Häftlingspersonalkarte wird als besonderes Kennzeichen eine 8 cm lange Schnittwunde am Rücken genannt. Unklar bleibt, ob diese Verletzung zum Zeitpunkt der Einweisung noch frisch oder bereits vernarbt war. Interessanterweise ist auf der Personalkarte des Bruders Konrad als besonderes Kennzeichen eine Schusswunde am rechten Oberschenkel eingetragen. Entweder waren sie bei ihrer Verhaftung verletzt worden, oder sie waren zu einem früheren Zeitpunkt einem bewaffneten Überfall ausgesetzt gewesen.
Am 17. August 1944 wurden Josef und Konrad gemeinsam in das KZ Mauthausen überstellt, wo man sie einen Tag später als Zugang registrierte (Häftlingsnummer für Josef: 90317). Ab 27. August 1944 leisteten beide im KZ Linz III in den dortigen Hermann-Göring-Werken Zwangsarbeit.
Im Gegensatz zu seinem Bruder erlebte Josef die Befreiung am 5./6. Mai 1945 durch US-amerikanische Soldaten. Er kehrte nach Ulm-Söflingen zurück und lebte dort bis zu seinem Tod im Jahr 1978.
Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt die letzte Wohnadresse von Josef Seibold, Neue Gasse 37 in 89077 Ulm-Söflingen.
Quellen und Literatur
ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.26.3 Individuelle Häftlingsunterlagen Männer KL Mauthausen, Josef Seibold
1.1.6.2. Individuelle Häftlingsunterlagen Männer KL Dachau, Josef Seibold
1.1.6.7 Schreibstubenkarten Dachau/Josef Seibold
Korrespondenzakte TD 219228
Staatsarchiv Ludwigsburg
EL 350 I Bü 2216
Searching Dachau Concentration Camp Records in One Step (https://stevemorse.org/dachau/dachau.html)
www.stolpersteine-fuer-ulm.de, Biografie von Hans Sautter
Ursula Krause-Schmitt: Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945, Baden-Württemberg II. Frankfurt-Bockenheim 1997, S. 302 (hier irrtümliche Angaben zu den verwandtschaftlichen Beziehungen)
Bildnachweis: ITS Digital Archive, Arolsen Archives, 1.1.26.3., Dokument Nr. 1754831
© Text und Recherche:
Sigrid Brüggemann, Stuttgart
Stand: November 2021
www.kz-mauthausen-bw.de
Zeuge Jehovas
31.10.1942 Verhaftung und Polizeigefängnis Welzheim
10.03.1943 KZ Dachau
17.08.1944 KZ Mauthausen
27.08.1944 KZ Linz III
5./6.05.1945 in Mauthausen befreit
Josef Seibold wurde am 10. März 1891 in Mönstetten (bei Günzburg/Bayern) geboren. 1914 zog die Familie nach Ulm. Der Vater Johannes hatte in der Kapellengasse 25 in Ulm-Söflingen ein Haus gekauft und dort sein Schuhmachergeschäft eingerichtet. Josef und seine Ehefrau Josefa hatten zusammen ein Kind und wohnten in Ulm-Söflingen in der Neuen Gasse 37. Er war als Arbeiter tätig.
Wie der Vater Johannes waren alle Kinder aktive Zeugen Jehovas oder standen ihnen zumindest nahe. Für ihre religiöse Überzeugung traten sie auch nach der nationalsozialistischen Machtüber-nahme und dem damit einhergehenden Verbot der Betätigung für die Ziele der Ernsten Bibelforscher ein, und so waren fast alle Mitglieder der Familie gravierenden Verfolgungs-maßnahmen durch die Gestapo ausgesetzt.
Der jüngste Bruder Johann (geb. 1903) war im Dezember 1940 in Brandenburg hingerichtet worden, weil er weder einen Eid noch Waffendienst leisten wollte. Sein Neffe Konrad Seibold jun. (geb. 1922) verweigerte 1941 die Annahme seines Wehrpasses und seine Einberufung zur Wehrmacht. Nach seiner Verhaftung im August 1941 wurde er im Februar 1942 vom Reichskriegs-gericht wegen "Zersetzung der Wehrkraft" zum Tode verurteilt und Ende März 1942 ebenfalls in Brandenburg hingerichtet. Die Schwester Josefs, Barbara (geb. 1897), wurde im Spätherbst 1943 festgenommen. Obwohl sie nur "Sympathisantin" war, warf man ihr vor, einen 17-jährigen Zeugen Jehovas darin bestärkt zu haben, einer Einberufung zum Reichsarbeitsdienst (RAD) nicht Folge zu leisten. Im Februar 1944 wurde sie ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überführt. Nach einem Todesmarsch von Ravensbrück nach Schwerin wurde sie dort am 27. April 1945 befreit.
Am 31. Oktober 1942 wurden Josef Seibold und sein Bruder Konrad (siehe Biografie) von der Gestapo Stuttgart verhaftet. Sie kamen zusammen in das Polizeigefängnis Welzheim, wo Josef nach Aussage des Mithäftlings Wilhelm Bechtle "sehr schikaniert" wurde. Am 10. März 1943 wurden die beiden Brüder in das KZ Dachau eingeliefert, wo sie die Häftlingsnummern 46454 (Josef) und 46453 (Konrad) erhielten. Auf der später ins KZ Mauthausen mitgeschickten Dachauer Häftlingspersonalkarte wird als besonderes Kennzeichen eine 8 cm lange Schnittwunde am Rücken genannt. Unklar bleibt, ob diese Verletzung zum Zeitpunkt der Einweisung noch frisch oder bereits vernarbt war. Interessanterweise ist auf der Personalkarte des Bruders Konrad als besonderes Kennzeichen eine Schusswunde am rechten Oberschenkel eingetragen. Entweder waren sie bei ihrer Verhaftung verletzt worden, oder sie waren zu einem früheren Zeitpunkt einem bewaffneten Überfall ausgesetzt gewesen.
Am 17. August 1944 wurden Josef und Konrad gemeinsam in das KZ Mauthausen überstellt, wo man sie einen Tag später als Zugang registrierte (Häftlingsnummer für Josef: 90317). Ab 27. August 1944 leisteten beide im KZ Linz III in den dortigen Hermann-Göring-Werken Zwangsarbeit.
Im Gegensatz zu seinem Bruder erlebte Josef die Befreiung am 5./6. Mai 1945 durch US-amerikanische Soldaten. Er kehrte nach Ulm-Söflingen zurück und lebte dort bis zu seinem Tod im Jahr 1978.
Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt die letzte Wohnadresse von Josef Seibold, Neue Gasse 37 in 89077 Ulm-Söflingen.
Quellen und Literatur
ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.26.3 Individuelle Häftlingsunterlagen Männer KL Mauthausen, Josef Seibold
1.1.6.2. Individuelle Häftlingsunterlagen Männer KL Dachau, Josef Seibold
1.1.6.7 Schreibstubenkarten Dachau/Josef Seibold
Korrespondenzakte TD 219228
Staatsarchiv Ludwigsburg
EL 350 I Bü 2216
Searching Dachau Concentration Camp Records in One Step (https://stevemorse.org/dachau/dachau.html)
www.stolpersteine-fuer-ulm.de, Biografie von Hans Sautter
Ursula Krause-Schmitt: Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945, Baden-Württemberg II. Frankfurt-Bockenheim 1997, S. 302 (hier irrtümliche Angaben zu den verwandtschaftlichen Beziehungen)
Bildnachweis: ITS Digital Archive, Arolsen Archives, 1.1.26.3., Dokument Nr. 1754831
© Text und Recherche:
Sigrid Brüggemann, Stuttgart
Stand: November 2021
www.kz-mauthausen-bw.de