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Karl Dorn (1884 - 1943)

05.12.1942 KZ Mauthausen
06.01.1943 Tod im KZ Mauthausen

Karl Dorn wurde am 26. April 1884 in Tübingen als unehelicher Sohn von Anna Dorn geboren. Als seine Mutter Otto Denzer heiratete, zog sie mit ihrem Sohn zu ihm nach Böckingen, einem heutigen Stadtteil von Heilbronn. Dort wuchs Karl zusammen mit seinen beiden jüngeren Stiefbrüdern auf. Er war von Beruf Bautechniker. Aus der später wieder geschiedenen Ehe mit Mina, geborene Ehrenfeld, gingen keine Kinder hervor.

Alle drei Söhne der Familie Denzer wurden im Ersten Weltkrieg zum Militär eingezogen und an die Front abkommandiert. Nur Karl kehrte wieder zurück, hatte sich jedoch eine Granatsplitterverletzung, eine Gasvergiftung und eine Verletzung am linken Auge zugezogen. Seine Sehkraft war um 90 Prozent verringert; 1933 schließlich erblindete er vollständig . Da er 1905 eine damals noch lebensgefährliche Malariainfektion hatte, war er vermutlich schon vor dem Krieg nicht in bester gesundheitlicher Verfassung. Im Jahr 1927 erkrankte er an einer Lungenentzündung, einer möglichen Folgeerkrankung der Gasvergiftung während des Krieges. Das im April 1915 vom Deutschen Heer eingesetzte Chlorgas war ein schwer lungenreizender bzw. ätzender Kampfstoff, der vor allem auf die Atemwege wirkte. Während des Erstens Weltkriegs verbrachte er 28 Tage in strenger Arresthaft wegen Ungehorsams und Beleidigung eines Vorgesetzten.

Laut Strafregister der Staatsanwaltschaft Tübingen vom 5. Dezember 1933 war Karl Dorn seit Januar 1920 insgesamt 20 Mal vorbestraft. Die Strafhöhen bewegten sich zwischen fünf Tagen, mehreren Wochen und Monaten Gefängnis. In den häufigsten Fällen handelte es sich bei seinen Vergehen um Betrug, vereinzelt um sogenannten Notbetrug, Unterschlagung, Hehlerei und Diebstahl. Die Betrügereien waren zum Beispiel eine Mietschuld in Höhe von 51 RM, eine nicht bezahlte Verpflegung und zahlreiche Zechprellereien. So blieb er einem Wirt 5,50 RM für 15 Glas Bier und Zigaretten schuldig und wurde dafür vom Amtsgericht Stuttgart im Mai 1934 zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Der letzte aktenkundige Gefängnisaufenthalt von Karl Dorn im Zuchthaus in Ludwigsburg endete am 28. Februar 1938.

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Zugangsliste
Zugangsliste KZ Mauthausen, 26.11.1942 bis 10.02.1943

Vermutlich wurde Dorn von der Kriminalpolizei aufgrund der zahlreichen Vorstrafen ins Konzentrationslager eingewiesen. Sie war dazu ermächtigt, nach dem Ende einer Gefängnis- oder Zuchthausstrafe Vorbeugungshaft anzuordnen und die davon Betroffenen als sogenannte „Berufsverbrecher“ ("BV"), oder zur sogenannten „polizeilichen Sicherungsverwahrung“ ("PSV"), in ein Konzentrationslager einzuweisen. Dorns Ankunft im Konzentrationslager Mauthausen wurde am 5. Dezember 1942 registriert. An diesem Tag traf ein Transport mit „58 SV-Häftlingen“ ein. Er wurde als "BV SV" (Berufsverbrecher in Sicherungsverwahrung) geführt, erhielt die Häftlings-Nummer 15877 und den grünen Winkel der „Kriminellen“. Laut Totenbuch 1943, Nr. 167, verstarb er weniger als vier Wochen nach seiner Ankunft im KZ Mauthausen im Alter von 49 Jahren am 6. Januar 1943 um 7:45 Uhr in Block 19 an einem „Herzschlag“. In den Blocks 16-19 waren die Neuzugänge während einer zwei- bis dreiwöchigen Quarantäne untergebracht. Da Karl Dorn in Block 19 verstorben ist, hat er den Quarantäneblock vermutlich nie verlassen. In welcher körperlichen Verfassung er am 5. Dezember 1942 im KZ Mauthausen eintraf und wie er wirklich zu Tode kam, wird das Geheimnis seiner Mörder bleiben.

Im "Raum der Namen" auf der Homepage der Gedenkstätte Mauthausen wird Karl Dorn zusammen mit mehr als 84.000 im Lagersystem Mauthausen verstorbenen Häftlingen genannt. Dies ist vermutlich ein erster öffentlicher Hinweis auf sein Verfolgungsschicksal.

Die Markierung auf der Übersichtskarte weist auf den zuletzt bekannten Wohnort (1934) in der Rosenaustaße 3 in Heilbronn.

 

Quellen und Literatur
Staatsarchiv Ludwigsburg: E 356 d V Bü 2889 und Bü 1389

ITS Digitale Archive, Arolsen Archives:
1.1.26 Totenbuch, Nummernbuch, Zugangsliste Mauthausen/ Karl Dorn

Memorial Mauthausen https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org/

Maršálek, Hans: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen, Wien-Linz 1995, S 65.

Bildnachweis
Zugangsliste 1.1.26 KL Mauthausen, ITS Digital Archive, Arolsen Archives


© Text und Recherche:
Ingrid Bauz, Stuttgart
Stand: Juli 2021
www.kz-mauthausen-bw.de