Michail Alexandrowitsch Kotljarow (1914 - 1944)
Михаил Александрович Котляров
„Auf Befehl des RF-SS erhängt“
01.10.1942 Stalag Offenburg
25.05.1944 Verhaftung durch Gestapo
25.09.1944 Exekutiert im KZ Mauthausen
Michail Alexandrowitsch Kotljarow wurde am 12. September 1914 in Moskau geboren. Im Rang eines Leutnants diente er in der Roten Armee als Techniker (Technikintendant 1. Rang / техник-интендант 1 ранга) der Rückwärtigen Dienste und war im Truppenteil 231 bei den Reiterpionieren eingesetzt. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941 geriet er am 21. Juli 1942 bei der etwa 200 km westlich von Moskau am Oberlauf der Wolga gelegenen Stadt Rschew (Ржев) in deutsche Kriegsgefangenschaft. Die Schlachten um Rschew - „Fleischwolf von Rschew“ - zählten zu den blutigsten des Zweiten Weltkriegs. Am 5. Juli 1942 kesselte die deutsche Wehrmacht die 39. sowjetische Armee und das XI. Kavallerie-Korps ein (vgl. Biografie Grigorij Wladimirowitsch Teruschkin).
Kotljarow wurde am 1. Oktober 1942 im Kriegsgefangenenlager Stalag V C in Offenburg eingeliefert. Dort erhielt er eine deutsche Erkennungsmarke mit der Nummer 68816 VC. Das Lager am Holderstock in Offenburg bestand seit Februar 1942 und beherbergte im Sommer 1944 in zehn Holzbaracken mehr als 7.000 Kriegsgefangene.
Zum Arbeitseinsatz war Kotljarow in Langenbrand (Forbach im Landkreis Rastatt) untergebracht und arbeitete in der Zeit vom 5. Oktober 1943 bis 22. April 1944 bei der dort ansässigen Papierfabrik E. Holtzmann & Cie. AG Weissenbachfabrik. Die Holtzmann & Cie AG (vormals Zellstoffwerke Ettlingen-Maxau) war einer der größten deutschen Papierhersteller.
Kotljarow war Mitglied der Untergrundorganisation "Brüderliche Zusammenarbeit der Kriegsgefangenen", BSW (russisch: Bratskoje Sotrudnitschestwo Wojennoplennych). Sie war Ende 1942, Anfang 1943 in einem sowjetischen Offiziersgefangenenlager in München entstanden. Die BSW führte einige Sabotageakte durch und plante den bewaffneten Aufstand gegen das NS-Regime. Die Organisation knüpfte ein weitverzweigtes Netzwerk unter den sowjetischen Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern. Ab Februar 1944 gelang es der Geheimen Staatspolizei, die Organisation aufzurollen und zu zerschlagen.
Nach der Aufdeckung der BSW wurde Kotljarow am 25. Mai 1944 der Gestapo übergeben. Vermutlich wurde er zu diesem Zeitpunkt formell aus der Kriegsgefangenschaft – also aus der Obhut der Wehrmacht – entlassen. Zu einem nicht genannten Zeitpunkt - vermutlich um den 13. Juni 1944 - traf er mit weiteren der Gestapo ausgelieferten BSW-Angehörigen im Konzentrationslager Mauthausen ein. Er erhielt die Häftlingsnummer 71 635 (Nummernbuch) oder 79 633 (Brodski), Kategorie R.Z.A. (= „russischer Zivilarbeiter“, was bedeutete, dass er den Status als Kriegsgefangener verloren hatte).
Am 25. September 1944 wurde er im KZ Mauthausen unter der fortlaufenden Nummer 3951 zusammen mit zahlreichen weiteren BSW-Mitgliedern „auf Befehl des Reichsführer SS erhängt“, wie im Totenbuch des KZ Mauthausen vermerkt ist. Anderen Angaben zufolge fand diese Massenexekution durch Erschießen (Brodski) oder in der Mauthausener Gaskammer (Maršálek) statt. Kotljarow starb im Alter von 30 Jahren.
Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt die Gemeinde Langenbrand (Forbach im Landkreis Rastatt), wo Michail Kotljarow vor seiner Verhaftung durch die Gestapo als Kriegsgefangener untergebracht war.
Quellen und Literatur
ITS Digital Archive, Arolsen Archives
DocID: 77594874 (MICHAIL KOTLJAROW, Gemeinde Langenbrand Kreis Rastatt 1.12.1949)
DocID: 78849252 (Listennr. 172: „wegen Widerstandes erschossen“)
OBD Memorial (https://obd-memorial.ru), Verteidigungsministerium der Russischen Föderation: russischsprachige Online-Datenbank der während des Zweiten Weltkriegs oder danach gefallenen oder vermissten sowjetischen Soldaten
mauthausen-memorial (https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org)
Wikipedia: Brüderliche Zusammenarbeit der Kriegsgefangenen
Joseph A. Brodskij: Im Kampf gegen den Faschismus. Sowjetische Widerstandskämpfer in Hitlerdeutschland 1941-1945. Berlin (Ost) 1975.
Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Wien Linz 3. Aufl. 1995.
Jürgen Schuhladen-Krämer: Zwangsarbeit in Karlsruhe 1939 -1945. Ein unbekanntes Kapitel Stadtgeschichte. Karlsruhe 1997.
© Recherche und Text:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: Januar 2024
www.kz-mauthausen-bw.de