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Oskar Denz (1899 - 1942)

Zeuge Jehovas

02.02.1938 Verhaftung
11.05.1940 KZ Dachau
11.02.1942 KZ Mauthausen
23.07.1942 Tod im KZ Gusen

Oskar Denz erblickte am 3. Januar 1899 im badischen Lörrach das Licht der Welt. Er besuchte die Volks- und anschließend die Fortbildungsschule, war Soldat im 1. Weltkrieg und arbeitete danach bis zu seiner Verhaftung als Schlichter in der Weberei Sarasin. 1922 heiratete er Maria Anna Dillmann, ab 1923 wohnte das Paar in Lörrach in der Luisenstraße. Ein Jahr später wurde die Tochter Anna geboren.

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Oskar Denz. Foto: Stolpersteine Lörrach (Privatarchiv Marlene Turpin)

 Der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas gehörten Oskar und Maria Denz seit 1931 an. Beide waren sehr aktiv in ihrer Gemeinde und setzten nach dem Verbot der Bibelforscher-vereinigung Mitte Mai 1933 in Baden ihre religiöse, nun illegale, Tätigkeit mit noch größerem Engagement fort. Dabei nutzten sie die geografische Nähe zur Schweiz. Sie fuhren zu Versammlungen dorthin, schmuggelten gedruckte Schriften über die Grenze und gaben sie zur Verteilung in Deutschland weiter. Sie organisierten Versammlungen mit ihren Glaubensbrüdern, arbeiteten eng mit den südwestdeutschen Bibelforscherfunktionären zusammen und gaben ihnen Unterkunft.

Ins Visier der Gestapo gerieten sie aufgrund einer Denunziation: Ein im Haus wohnendes Ehepaar berichtete der Gestapo von dem "auffälligen Verkehr bei den Denz". Eine polizeiliche Observation ergab jedoch zunächst nichts Verdächtiges. Erst als die Familie wieder einmal Schriften aus der Schweiz schmuggelte, wurde sie in flagranti ertappt.

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Artikel über die Verfolgung der Familie Denz. Badische Zeitung v. 29.1.2000

Der Zöllner Willy Greiner berichtete über die Festnahme am 2. Februar 1938:
"Die Leute waren mir als frühere Grenzgänger bekannt. Des Schmuggels verdächtig waren sie bis dahin nicht. Bei dem Grenzgang am 2.2.38 ist mir der Mann (Denz) lediglich dadurch aufgefallen, dass seine Manteltasche etwas ausgestopft war. Bei näherer Nachschau stellte ich fest, dass es Druckschriften waren."1

Insgesamt fand er bei ihm 39 Exemplare der Bibelforscherzeitschrift "Der Wachturm", bei Frau und Tochter waren weitere 28 Exemplare versteckt. Die ganze Familie wurde zum Verhör ins Lörracher Bezirksgefängnis gebracht. Beim Losfahren drückte Vater Denz die Hand seiner Tochter und flüsterte ihr zu: "Verrat nur ja niemanden."

Nach vierstündigem Verhör brachten Gestapobeamte Frau und Tochter nach Hause und durchsuchten anschließend die Wohnung. Dabei kamen insgesamt knapp 500 Druckschriften der Bibelforscher zutage. Die Mutter wurde wieder in Gewahrsam genommen, die 14-jährige Anna Denz brachte man bei einer Tante unter. Glaubensgenossen organisierten die Flucht der Tochter in die Schweiz. Dort lebte Anna Denz die Kriegsjahre über, danach wanderte sie in die USA aus.

Am 6. Mai 1938 verurteilte das Sondergericht Mannheim Oskar und Maria Denz zu je zwei Jahren Gefängnis, weil sie sich "fortgesetzt für die verbotene Sekte der internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher betätigt" hätten. Maria Denz verbüßte ihre Strafe im Frauengefängnis Gotteszell in Schwäbisch Gmünd, Oskar Denz die seine in Freiburg.

Beide weigerten sich nach Haftende, eine Erklärung (die "Lossagungserklärung") zu unterschreiben, in der sie ihrem Glauben abschwören und sich verpflichteten sollten, sich nicht mehr für die Internationale Bibelforschervereinigung zu betätigen. Maria Denz wurde deshalb ins Frauen-KZ Ravensbrück eingewiesen. Dort lehnte sie es später aus Gewissengründen ab, Pullover für Soldaten zu stricken und wurde dafür mit 40 Tagen Dunkelarrest und Stockhieben bestraft. Im Januar 1942 starb sie im KZ mit knapp sechsundvierzig Jahren an den Folgen dieser Misshandlungen.

Oskar Denz kam am 11. Mai 1940 ins KZ Dachau (Häftlingsnummer 10484). Am 11. Februar 1942 war er einem Transport von "Steinmetzlehrlingen" ins KZ Mauthausen zugeteilt (Häftlingsnummer 14910). Die "Steinmetzlehrlinge" waren dazu bestimmt, schnell angelernt als Steinmetze im Wiener Graben oder in den zum KZ Gusen gehörigen Steinbrüchen die gebrochenen Steine zu behauen.2

Später wurde er im Rahmen medizinischer Menschenversuche mit Tuberkuloseerregern infiziert. Am 23. Juli 1942 starb er 43-jährig im KZ Gusen an den Folgen einer Injektion und wurde im Krematorium Gusen eingeäschert. Als offizielle Todesursache wurde "Herzmuskelschwäche" angegeben.

Für Oskar und Maria Denz wurden am 23./24. September 2020 Stolpersteine vor ihrem letzten Wohnort in Lörrach, Luisenstraße 35 verlegt. Auch wurde eine Straße in Lörrach nach ihnen benannt.


Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt die letzte Wohnadresse von Oskar und Maria Denz, Luisenstraße 35 in 79539 Lörrach.

 

Quellen und Literatur

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
0.1./1751 1932
0.1./1751 1933
0.1./1751 1925
0.1./5174 3861

Generallandesarchiv Karlsruhe
507 Nr. 2689-91

Archiv der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), Landesvereinigung Baden-Württemberg, Umschlag D 4050

Searching Dachau Concentration Camp Records in One Step (https://stevemorse.org/dachau/dachau.html)

Hubert Roser (Hg.): Freiburger Zeugen Jehovas unter der NS-Diktatur, Freiburg 2010.

Noe, Hansjörg: " Nun kann ich darüber sprechen ...". Zeitzeugen, Tagebücher und autobiografische Dokumente zum Nationalsozialismus in Lörrach. Lörracher Hefte Nr. 22, Lörrach 2015, S. 111ff.

www.stolpersteine-in-loerrach.de

 

1 Gusen war zunächst ein Außenlager des KZ Mauthausen, wurde dann zum KZ mit eigener Verwaltung, gehörte aber weiterhin zum Lagerkomplex Mauthausen.


© Recherche und Text:
Sigrid Brüggemann, Stuttgart
Stand: Mai 2021
www.kz-mauthausen-bw.de