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Walter Schaich (1905 - 1945)

10.09.1937 Anordnung der Sicherungsverwahrung
23.03.1944 KZ Mauthausen
21.03.1945 Tod im KZ Gusen


Walter Schaich wurde am 3. Mai 1905 als jüngster Sohn des damaligen Köngener Bürgermeisters in Köngen (im heutigen Landkreis Esslingen) geboren und später evangelisch getauft. Er hatte zwei Brüder und vier Schwestern. Ein Bruder fiel im Ersten Weltkrieg, der andere wurde in Ägypten erschossen (näheres ist uns dazu nicht bekannt). Die Schwestern waren alle verheiratet und zeigten keine Verhaltensauffälligkeiten.

Nach der Grundschule besuchte Walter das Realgymnasium in Kirchheim/Teck. Mit  zehn Jahren fuhr er mit einem Mitschüler, der Geld entwendet hatte, nach Stuttgart. Dort kauften die beiden Militäruniformen. Der Vater brachte Schaich wegen dieses "schlimmen Streichs" daraufhin in der renommierten oberschwäbischen Knabenerziehungsanstalt  Wilhelmsdorf unter. In den Revolutionswirren 1918 floh er zusammen mit weiteren Zöglingen von dort. Wieder zuhause kam er in die Oberrealschule Esslingen. Als dortiger Schüler zog er mit Kumpels, die sich Geld "verschaffen" konnten, durch Cafés und Kneipen und beging erste Betrügereien, die im Mai 1920 zu seiner ersten Gefängnisstrafe von sechs Wochen, verhängt vom Schöffengericht Esslingen, führten. Walter Schaich galt allgemein als frühreif, bereits mit 15 Jahren brannte er mit einer Schauspielerin durch. Auf Antrag des Vaters wurde nun Zwangserziehung angeordnet, aus der er zweimal entwich.

Als Beruf nannte er stets Kaufmann, gab sich oft als Bankangestellter aus und wurde unter anderem zum Spezialisten für Urkundenfälschungen. Ohne Skrupel bestahl er auch Familienangehörige und nützte besonders seinen Vater aus, der immer wieder die durch seinen Sohn Geschädigten durch finanzielle Ausgleiche von Anzeigen abzuhalten versuchte. Als sich der Vater in einem Fall weigerte, schwärzte ihn sein Sohn bei der Polizei an.

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Schaich, Walter, ED-Foto
Walter Schaich, erkennungsdienstliches Foto, Staatsarchiv Ludwigsburg

Zwischen 1920 und 1936 brachten ihm elf Vorstrafen wegen Betrug, Urkundenfälschung, Unterschlagung, Diebstahl und in einem Fall Abtreibung insgesamt mehr als acht Jahre Gefängnis ein. Wegen seiner Jugend, seiner Intelligenz, seinem verbindlichen Auftreten, aber auch weil er inzwischen verheiratet und Vater eines Kindes war, billigten ihm die Gerichte immer wieder mildernde Umstände zu, in der Hoffnung, er werde "noch auf die richtige Bahn zurückgeführt werden können". Schließlich wurde er aber am 10. September 1937 vom Landgericht Stuttgart zu zwei Jahren und fünf Monaten Zuchthaus (abzüglich fünf Monaten Untersuchungshaft) wegen fortgesetzter Urkundenfälschung und Betrug im Rückfall verurteilt. Desweiteren wurde er in diesem Verfahren als "gefährlicher Gewohnheitsverbrecher" nach § 20 Abs. 1 Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) eingestuft und die Sicherungsverwahrung nach § 42 e RStGB angeordnet. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass er "in seinem Auftreten und seinen Aussagen völlig uneinsichtig" sei und den Betrogenen und Bestohlenen auch noch die Schuld zuweise.
Die Strafe verbüßte Walter Schaich im Zuchthaus Ludwigsburg, nach Strafende wurde er in die Sicherungsanstalt (eine Abteilung im Gefängnis, in die die Sicherungsverwahrten nach Strafverbüßung in den Maßregelvollzug überführt wurden) Schwäbisch Hall verschubt.

Im September 1942 vereinbarte Reichsjustizminister Otto Georg Thierack mit dem Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler die schubweise Auslieferung aller Sicherungsverwahrten, die bisher der Justiz unterstanden und in den Sicherungsanstalten einsaßen, an die Polizei (nur Gestapo oder Kripo konnten, über Antrag beim Reichsicherheitshauptamt, KZ-Einweisungen vornehmen). In Konzentrationslagern sollten sie - wie es explizit hieß - der „Vernichtung durch Arbeit“ preisgegeben werden. Betroffen davon war auch Walter Schaich. Aber selbst bei dieser, mit aller Härte durchgeführten Maßnahme scheint er noch von der Direktion des Gefängnisses zumindest eine zeitlang protegiert worden zu sein. Während die allermeisten Sicherungsverwahrten im Verlauf des Frühjahres 1943 in das KZ Mauthausen deportiert wurden, wurde Schaich erst am 22. März 1944 mit einem Transport, der vor allem aus forensischen Patienten aus den württembergischen Heil- und Pflegeanstaltenanstalten bestand, nach Mauthausen verschubt. Im Lager wurde er am 23. März 1944 als Sicherungsverwahrter ("SV") registriert und bekam die Häftlingsnummer 59324.

Er verbrachte zunächst einen Monat im Krankenrevier des Stammlagers, am 26. April 1944 wurde er ins nahegelegene KZ Gusen überstellt. Dort starb er am 21. März 1945 im Alter von 39 Jahren.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Walter Schaichs letzte Wohnadresse, Tübingerstraße 13/III in Stuttgart.


Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.26.3 Individuelle Häftlingsunterlagen Männer KL Mauthausen, Walter Schaich

Staatsarchiv Ludwigsburg
E 356 d V Bü 1772, F 215 Bü 290 (Passakten)

Memorial Mauthausen
(https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org/)

Archiv Memorial Mauthausen
Zugangsliste KZ Mauthausen vom 23. März 1944

 

© Text und Recherche:
Sigrid Brüggemann, Stuttgart
Stand: August 2024
www.kz-mauthausen-bw.de