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Friedrich Gläsel (1892 - 1943)

Als 16-Jähriger auf Wanderschaft

13.01.1943 KZ Mauthauesn
18.01.1943 KZ Gusen
12.02.1943 Tod KZ Gusen

Friedrich Gläsel wurde am 22. Januar 1892 in Heilbronn geboren und ist auch dort aufgewachsen. Sein Vater war Maurer, die Mutter Hausfrau. Im Alter von fünf Jahren verlor er seinen Vater infolge eines tödlichen Arbeitsunfalls auf einer Baustelle. Die Mutter hat später wieder geheiratet. Gläsel besuchte in Heilbronn die Volksschule. An Schulzeit und Elternhaus hatte er nicht die besten Erinnerungen. Im Rückblick berichtete er Jahre später, dass er schlecht gelernt und auch keine Zeit zum Lernen gehabt habe, da er zuhause den „ganzen Dreck schaffen“ musste. Er  habe die Schule oft geschwänzt, sich gegen die Lehrer gestellt und zuhause einmal alle Schulbücher verbrannt.
Von seiner Mutter habe er nie eine Spur von Liebe erfahren. Mutter und Schwester fanden keine wertschätzenden Worte für ihn, als sie von den Behörden 1932 befragt wurden. Die Mutter interessierte sich nicht für ihn und war der Ansicht, dass bei ihm „alles keinen Wert“ habe, da er nicht arbeiten wolle und zu nichts nutze sei. Beide waren sie der Ansicht, es sei das Beste, ihn nicht wieder aus dem Gefängnis zu entlassen. Auch die von Gläsel im Dezember 1917 geschlossene Ehe mit Frida Stahl stand unter keinem guten Stern. Das gemeinsame Kind ist früh verstorben und die Ehe wurde nach drei Jahren bereits wieder geschieden.

Nach der Schule arbeitete Gläsel als Tagelöhner bei verschiedenen Heilbronner Firmen, hielt es jedoch nie lange aus. Im Alter von 16 Jahren verließ er den elterlichen Haushalt, begab sich auf Wanderschaft und arbeitete zwischendurch mehrere Monate in der Landwirtschaft, zuletzt als Pferdeknecht in Stuttgart. Im Jahr 1912 wurde er zum Militär eingezogen und mit Beginn des Ersten Weltkriegs im August 1914 an die Front abkommandiert. Nach einer Verwundung und einem Lazarettaufenthalt kam er zu einer Ersatztruppe in Stuttgart. Aber auch beim Militär war er kein williger Untertan, sondern dreimal wegen „ungebührenden Verhaltens“ für kurze Zeit in Arrest und mehrere Monate wegen Fahnenflucht im Militärgefängnis in Ulm. Dort erlernte er das Handwerk eines Korbmachers.

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg, in den Jahren 1910 bis 1912, wurde der damals noch Minderjährige dreimal wegen Bettelei, Betrugs, Landstreicherei und Unterschlagung verurteilt. Bis zu der letzten aktenkundigen Verurteilung durch das Amtsgericht Heilbronn im November 1932 listet sein Strafregister 16 Vorstrafen auf, meist wegen Betrugs, Bettelei und Landstreicherei. Im Personalbogen des Zuchthauses Ludwigsburg, wo er bis Anfang des Jahres 1934 inhaftiert war, findet sich der Vermerk: „… ist als gewerbsmäßiger Betrüger bei der Kriminalpolizei bekannt.“

Am 13. Januar 1943 traf Friedrich Gläsel in einem Transport von 120 sogenannten "Sicherungsverwahrten" im KZ Mauthausen ein, erhielt die Häftlingsnummer 9898 und wurde mit der Kategorie "SV" für "Sicherungsverwahrung bekennzeichnet. Am 28. Januar wurden er und 249 weitere Häftlinge in das nahegelegene KZ Gusen überstellt. Dort ist er am 12. Februar 1943 laut Sterburkunde an "Lungenödeme" verstorben. Häufig waren die Todesursachen fingiert und sollten die wahren Gründe verschleiern. Die meisten Häftlinge starben infolge der misserablen Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Konzentrationslagern.

Im Raum der Namen auf der Homepage der Gedenkstätte Mauthausen wird Friedrich Gläsel  zusammen mit mehr als 84.000 im Lagersystem Mauthausen verstorbenen Häftlingen genannt. Dies ist vermutlich ein erster öffentlicher Hinweis auf sein Verfolgungsschicksal.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt auf das Rathaus des Geburtsortes Heilbronn. Die vollständigen Adressen des Geburts- und letzten Wohnortes sind nicht bekannt.


Quellen und Literatur
Staatsarchiv Ludwigsburg: E 356 d V Bü 84

ITS Digital Archive, Arolsen Archives:
1.1.26.1 Zugangslisten Mauthausen/ Friedrich  Gläsel
1.1.26.1 Veränderungsmeldungen Mauthausen/ Friedrich Gläsel

Memorial Mauthausen https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org


© Text und Recherche:
Ingrid Bauz, Stuttgart
Stand: Juli 2021
www.kz-mauthausen-bw.de