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Stammlager Mauthausen

Das KZ Mauthausen

Die Gemeinde Mauthausen liegt unweit von Linz in Österreich. Das KZ Mauthausen wurde Anfang August 1938 auf einer Anhöhe außerhalb des Ortes errichtet. Wenige Monate zuvor, am 12. März 1938, waren Truppen der Deutschen Wehrmacht zusammen mit SS- und Polizeieinheiten in Österreich einmarschiert und von weiten Teilen der Bevölkerung jubelnd begrüßt worden. Einen Tag später hatte Adolf Hitler in Linz den „Anschluss Österreichs“ an das Deutsche Reich verkündet und den seit dem 4. März 1933 regierenden Austrofaschismus entmachtet.

Österreich war das erste Land, das im Rahmen der Expansion des NS-Staates nach Ost- und Mitteleuropa dem Deutschen Reich einverleibt wurde. Das KZ Mauthausen war das erste Konzentrationslager auf erobertem Territorium. Und die SS hatte es eilig! Noch im März 1938, wenige Tage nach dem „Anschluss“, besuchte der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei, Heinrich Himmler, zusammen mit dem SS-Brigadeführer Oswald Pohl (ab 1942 Chef des Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes der SS) die Gemeinden Mauthausen und Gusen. Ihr besonderes Interesse galt den dortigen Granit-Steinbrüchen und der Frage, inwieweit sich die Gegend für die Errichtung von Konzentrationslagern eigne. Dies scheint in ihren Augen der Fall gewesen zu sein, denn bereits Anfang Mai 1938 wurden die Steinbrüche „Wiener Graben“ und „Marbacher-Bruch“ von der Stadt Wien an die SS verpachtet und später von der SS-eigenen Firma „Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH“ (DESt) erworben. In Gusen erwarb die DESt die Grundstücke und Schürfrechte Ende Mai 1938, und ab Dezember 1939 mussten Häftlinge des nahegelegenen KZ Mauthausen das dortige Zweiglager aufbauen.

Die DESt wurde am 29. April 1938 in Berlin gegründet. Mit der Geschäftsführung war der bereits erwähnte SS-Brigadeführer Oswald Pohl betraut. Die SS verfolgte mit den Firmengründungen das Ziel, aus der billigen Arbeitskraft der KZ-Häftlinge möglichst viel Profit zu erwirtschaften. In den Mauthausener und Gusener Steinbrüchen wurden allein in der Zeit von August 1938 bis Herbst 1943 „Millionen von Quadern, Gehsteigkanten, Grundbausteinen, Treppenstufen, Granitsockeln, Rand- und Bordsteinen, viele Tausende Waggonladungen von Pflastersteinen und Granitwürfeln“ (Maršálek, S. 18) erzeugt. Gearbeitet wurde in den Steinbrüchen bis zur Befreiung im Mai 1945. Als ab Ende 1941/Anfang 1942 mit der Errichtung von Außenlagern begonnen wurde – bis Mai 1945 waren es mindestens 45 geworden – profitierte neben der SS insbesondere die Rüstungsindustrie von der billigen Arbeitskraft der KZ-Häftlinge.

Im August 1938 traf ein erster Transport mit 300 mehrheitlich österreichischen und wenigen deutschen Häftlingen aus dem Konzentrationslager Dachau sowie rund 80 Angehörigen des Dachauer SS-Totenkopfverbandes auf dem für das KZ Mauthausen vorgesehenen Gelände ein. Die SS-Angehörigen waren mit der Bewachung der Häftlinge und dem Aufbau der inneren Organisation des Lagers beauftragt. Während des fast siebenjährigen Bestehens durchliefen zehntausende SS-Angehörige und Bewacher das KZ-Lagersystem Mauthausen, wobei die SS für die Bewachung der weiblichen Häftlinge auch weibliche Aufseherinnen einsetzte.

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Stufen
Stufeneinteilung der Konzentrationslager. Heydrich-Erlass vom 1.1.1941 in einer späteren Abschift vom 19.8.1942, aus:  Maršálek, Hans: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen, 3. Auflage, Wien 1995, S. 34.

Die ersten 300 und die ebenfalls noch 1938 eingetroffenen weiteren rund 700 Häftlinge hatten beim Lageraufbau und der Inbetriebnahme des Steinbruchs "Wiener Graben" zu schuften. Die Zahl der Häftlinge wuchs, insbesondere nach Beginn des 2. Weltkrieges am 1. September 1939, immer weiter an. Die meisten mussten bis 1943 in den Steinbrüchen arbeiten, wo die Überlebenschancen insbesondere der Steineträger nur sehr gering waren. In den Lagern Mauthausen und Gusen wurde menschliches Leben durch Arbeit vernichtet. Dies war von Anbeginn und nicht erst seit dem 1. Januar 1941 das Ziel, als der Chef der Sicherheitspolizei und des SD, SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich eine Differenzierung der Haft- und Arbeitsbedingungen von Häftlingen anordnete. Zu diesem Zweck wurden alle Konzentrationslager in vier verschieden schwere Lagerstufen eingeteilt. Die Lager Mauthausen und Gusen erhielten die Lagerstufe III, diejenige, die die geringsten Überlebenschancen bot und „für schwerbelastete, insbesondere auch gleichzeitig kriminell vorbestrafte und asoziale, d.h. kaum noch erziehbare Schutzhäftlinge" vorgesehen war. SS und Polizei nutzten die KZ Mauthausen und Gusen auch als Hinrichtungsort, an den sie zirka 11.000 politische Gegnerinnen und Gegner und sowjetische Kriegsgefangene deportierten um sie zu töten. In einem Gaswagen, einem umgebauten LKW, wurden von Herbst 1941 bis Mai 1942 erkrankte und nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge ermordet. Ab März 1942 gab es im KZ Mauthausen eine Gaskammer, in der bis Kriegsende im Mai 1945 mindestens 3.500 Häftlinge durch Giftgas erstickt wurden.

Lange Zeit waren im KZ Mauthausen vorwiegend Männer inhaftiert. Erst ab Anfang 1945, in der Endphase des Krieges, in dessen Verlauf zahlreiche Konzentrationslager vor dem Anrücken der Alliierten Streitkräfte von der SS aufgelöst wurden, trafen größere Transporte mit Frauen und Kindern ein. Insgesamt waren zirka 195.500 Menschen jeglichen Alters und Geschlechts aus mindestens 40 verschiedenen Nationen in den KZ Mauthausen, Gusen und den Außenlagern inhaftiert. Etwa die Hälfte davon hat die mörderischen Lebens- und Arbeitsbedingungen nicht überlebt. Am 5. Mai 1945 wurden die Konzentrationslager Mauthausen und Gusen von den Alliierten Streitkräften der US-Armee befreit.


Literatur

Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen, 3. Auflage, Wien 1995.

Mauthausen Memorial www.mauthausen-memorial.org


© Text und Recherche
Ingrid Bauz, Stuttgart
Stand: Juni 2022
www.kz-mauthausen-bw.de