Das Projekt
Die vorliegende Internetseite „... dort auf der Treppe der Tränen“ präsentiert über 1.200 Namen und persönliche Daten von Personen, die im KZ-Lagersystem Mauthausen inhaftiert waren. Es handelt sich um Personen, die in der Zeit des Nationalsozialismus - ab Stichtag 30. Januar 1933 - innerhalb der Grenzen des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg lebten beziehungsweise hier ihren Wohnsitz hatten. Außerdem finden sich auf der Internetseite Informationen zum Lagersystem, zur Wiedergutmachung und zu weiteren Themen.
Im Mittelpunkt unserer Forschungen stehen alle NS-Verfolgten gleichrangig. Das ist in Geschichtsdarstellungen, aber auch in der Forschung, bislang durchaus noch nicht selbstverständlich. Jede Person und jeder Name zählt! Auf politische oder moralische Bewertungen der einzelnen Opfer und Opfergruppen haben wir bewusst verzichtet. Dem liegt das Wissen zugrunde, dass die Verbringung in ein Konzentrationslager grundsätzlich einen rechtsstaatliche Standards missachtenden Willkürakt und daher in jedem Einzelfall ein Unrecht darstellt. Die als sogenannte „Berufsverbrecher“, „Sicherungsverwahrte“ und als „asozial“ Verfolgten werden deshalb in gleicher Weise genannt und vorgestellt, wie Angehörige gesellschaftlich und entschädigungsrechtlich bereits längst anerkannter Verfolgtengruppen. Exemplarisch berücksichtigt werden auch Nichtdeutsche, die aus ihrem erzwungenen Arbeitseinsatz in der Region deportiert wurden.
Die Personensuche ist durch Namenseingabe, über die alphabetische Namensliste oder alternativ über die Geburts- oder Wohnorte auf der interaktiven Karte möglich. Es erscheinen jeweils Fenster mit biographischen Eckdaten (Vor- und Zunamen, Geburtsdatum und -ort sowie Todesdatum und Sterbeort). Diese Fenster leiten zu biographischen Skizzen und weiteren personenbezogenen Informationen. Dieser Teil der Internetseite ist im Aufbau und wird ständig ergänzt und erweitert.
In Gruppenbiographien wird die von Polizei und SS vorgenommene Kategorisierung der Häftlinge (Kennzeichnung durch farbige „Winkel") aufbereitet. Ebenso werden reichsweit erfolgte Massenfestnahmen (Aktion „Arbeitsscheu Reich“ 1938; Aktion „Gewitter“ 1944) erläutert sowie gruppenspezifische Verfolgungsschicksale herausgearbeitet und veranschaulicht.
Ein historischer Überblick zeichnet den Auf- und Ausbau sowie die Besonderheiten des KZ-Lagersystems Mauthausen nach, das im Zusammenhang mit seinen funktionalen Modifikationen gewaltige Ausmaße erreichte. Thematisiert werden unter anderem die sogenannte Häftlings-„Selbstorganisation“, die Organisationsstruktur der Lagerkommandantur und der Bewachungskräfte. Neben Häftlingen werden daher auch einige der Täter genannt, die im KZ-Lagersystem Mauthausen an maßgeblicher Stelle tätig waren.
Das Informations- und Rechercheangebot soll einen leicht zu handhabenden Zugang zu personenbezogenen Informationen zur Verfügung stellen und Ansatzpunkte für weiterführende lokal- und regionalgeschichtliche Recherchen bieten. Das Angebot richtet sich aber auch an Angehörige und Nachfahren der NS-Verfolgten, die gerne mehr über das in den Familien oftmals beschwiegene Schicksal ihrer Vorfahren wissen würden. Von Nutzen ist das dargebotene Material selbstverständlich auch für wissenschaftliche Forschungen.
Die konkreten Personen- und Lokalbezüge eignen sich bestens für den Schulunterricht, außerschulische Bildung und historisch-politische Erwachsenenbildung. Die Veranschaulichung historischer Prozesse anhand exemplarischer Individualbiographien wie auch fassbare Ortsbezüge gewinnen mit dem Wegfall lebender Zeitzeugen enorm an Relevanz. Auf die entsprechenden Themen zugeschnittene pädagogisch-didaktische Handreichungen finden sich über verlinkte Internetseiten, wie beispielsweise zu den Arolsen Archives und zum Gedenkstättenreferat der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.
Das Projekt ist offen für Interessierte. Anregungen und Kritik sind willkommen. Externe Beiträge können nach Rücksprache mit den Projektverantwortlichen gerne mit einbezogen werden.
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier